Kunstlicht: Tageszeichnungen, Ginsberg-Scene, Spätexpressionismus-Tripel

■ Ausstellungen im Atelierhof, im Fotoforum Fedelhören und in der Villa Ichon

Tageszeichnungen, Ginsberg-Scene, Spätexpressionismus

-Tripel

Ausstellungen im Atelierhof, im Fotoforum Fedelhören und in der Villa Ichon

Über die tageszeichnungen von Til Mette an dieser Stelle zu schreiben, verbietet sich nicht nur aufgrund seiner bestechenden nackten Existenz, sondern auch, weil jede evtl. Preisung seinen wahren Wert noch offenkundiger werden ließe, und den kann die taz nicht bezahlen. Also soll hier nur die schiere Faktizität des Offenkundigen sprechen, wie folgt: In der Atelierhof-Galerie hängen die Großen Tils (Karikaturen über das ganze Weltgeschehen, erschienen meist in der „Bundestaz“), die Provinz-Tils (aus unserem Regionalprogramm) und die Tils für alle Lebenslagen. Lesen wie in einem (Geschichts/Geschichten)-Buch, so geht man durch die Ausstellung, nicht ohne vor Lachen zu glucksen. Und das große Wunder ist ja nun dies: Der eilige Strich, der sticht, entsteht taztäglich im Redaktionsgewusel, zwischen dem ein ideenschwangerer Til umhertigert, wo ist der Dreh, der geniale Um-die-Ecke-Gedanke? Daß dabei seine Figuren fast immer aussehen wie Til nach zuviel Rotwein, ist kein Zufall, sondern Stil. (Alexanderstraße 9b, bis 3.November)

„The Ligths Bookstore“ in San Francisco: Fokus US -amerikanischer Nachkriegsliteratur, Knubbelpunkt auch jener Beat-Poeten um Allan Ginsberg / William Burroughs, deren Konterfeis wir kürzlich im Fotoforum Böttcherstraße sahen. Als Nachschlag zeigt das Fotoforum Fedelhören jetzt die Portraits des Filmemachers und Fotografen Chris Felver, der die Scene in San Francisco aufspürte und ablichtete. Sein Konzept: knalleng ran mit Kleinbild, im Hintergrund Hinweise auf die jeweiligen Tätigkeiten eines Leary, Orlovsky, Snyder, Robert Frank. Die Aufnahmen wirken teilweise sehr intim und lassen über eine innige Beziehung zumindest z.Zt. des Aufnehmens spekulieren. (Fedelhören 31, bis zum 25. Oktober)

Tripel-Ausstellung in der Villa Ichon, das ist ja benah wie ein kleines Museum zeitgenössischen Spätexpressionismus, d.h. weniger Exponate pro KünstlerIn, und das ist schlecht. Besonders trifft es Christian Rothmann, der auch noch das übergroße Format liebt und deshalb mit gerade acht Bildern vertreten ist: Viel grelles Acryl großzügig auf Leinwand geworfen, Farblust bekannt in ungeschlachten Festen, sein Fan Wim Wenders sagt: „Er malt, was das Zeug hält“. Rothmann gehört zur Ateliergemeinschaft Z-art in Kreuzberg, deren Mitglied Pomona Zipser mit ihren bizarren Holz- und Bronzeskulpturen gleich nebenan brilliert. Das sind wirklich abstruse Kopfgeburten, zwischen nie und nimmer fliegenden Flugmodellen und Don Quichote. Die filigranen Bronzegebilde der Frau Zipser erinnern an Bleigießen: im Raum erstarrtes Metall in einem komplizierten Gleichgewicht. Eher schon eine Rauminstallation ist das „Paradies“ aus Holzlatten und Draht und Farbe mit Waffe, Pferd, Artist und einem Hochsitz. Gestalten auf der Grenze zwischen Traum und Albtraum. - Ein Stock tiefer: Kani Alavi, 34-jähriger Perser und doch noch voller Sturm & Drang, empfiehlt sich als schwer engagierter Wandbildmaler, jedenfalls sind seine Bilder so richtig schön poetisch-politisch, es geht um Angst und Widerstand und Seelendunkel. Und alles drängt und stürmt und wabert durchs Format, immer nach links gekippt, als drücke Gegenwind von dort. (Villa Ichon, bis 31.10.) Bu