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Zum Anschaffen geprügelt?

■ Prozeß wegen Zuhälterei und Ausbeutung von Prostituierten / Chef des Profistrichs von der Kurfürstenstraße vor dem Landgericht

Wegen Zuhälterei, räuberischer Erpressung, Körperverletzung und Ausbeutung von Prostituierten muß sich seit Montag ein 31jähriger Glaser und zwei weitere Männer vor einer Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts verantworten. Nach Einschätzung des Anklagevertreters gilt dieser Mann als derjenige, der den Profistrich im Bereich der Kurfürstenstraße in Schöneberg „in der Hand hatte“. Der Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen. Die Mitangeklagten: ein 33jähriger Bewag-Angestellter und ein 28jähriger Versicherungskaufmann.

Von 1985 bis Januar diesen Jahres soll der als gewalttätig geltende Hauptangeklagte Prostituierte im Bereich Kurfürstenstraße beaufsichtigt, Standgelder verlangt und ihre Einnahmen kassiert haben. In zwei Fällen, bei denen es sich um jeweils zur Tatzeit 18jährige Freundinnen des Angeklagten gehandelt haben soll, hat er die Frauen laut Anklage auf den Strich geschickt. Von ihren Einnahmen über 300 bis 400 Mark pro Nacht soll ihnen lediglich ein geringfügiges Taschengeld geblieben sein. Als die Frauen nicht mehr bereit waren für ihn anzuschaffen, soll der Glaser Ablösesummen von jeweils rund 20.000 Mark verlangt haben. Nachdem eine der Prostituierten zur Polizei gegangen war, soll er sie massiv unter Druck gesetzt haben. Wenn sie die Anzeige nicht zurückziehe, soll der Mann gesagt haben, „würde sie ohne Kopf herumlaufen“. In einem anderen Fall soll der Glaser eine Prostituierte in der Diskothek Sound mißhandelt haben. Nachdem die Frau bereits zu Boden geschlagen war, soll er sie mit Füßen ins Gesicht und gegen den Körper getreten haben, bis sie bewußtlos gewesen sei.

Von den beiden Mitangeklagten hat sich einer zu den Vorwürfen geäußert, sie jedoch im wesentlichen bestritten. Mit Einverständnis der einen Frau habe er ihre Einnahmen verwaltet, weil sie so schluderig mit Geld umgegangen sei. So weit die im Zuhältermilieu üblichen Utensilien wie Schlagring, Springmesser und Stahlruten bei ihm gefunden wurden, sprach der Kaufmann von „Urlaubsmitbringseln“. Er habe nicht gewußt, daß so etwas verboten sei. Der Prozeß wird am Donnerstag mit Zeugenaussagen fortgesetzt.

dpa

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