Hieb- und stichfeste Musketiere

■ Fechter aller Länder beim 17.Rosenquarzturnier / Ein Scharmützel just for fun / Die Knappen der Neuzeit kreuzen im Kevlar-Futter die Klingen / Sogar ein Fighter aus Tauberbischofsheim gab den Berliner Hobby-Musketieren die Ehre / Parade heißt Abwehr

Zunächst frühstückte er kräftig, dann wechselte er die Kleidung, da er fürchtete, sein Musketierkasack werde womöglich Mißtrauen erregen und nahm von seinen drei Degen den stärksten und gediegensten, dessen er sich nur an wichtigen Tagen bediente.

Sodann begab er sich - nunmehr mit einem weißen Fechtanzug bekleidet - zum 17.Internationalen Rosenquarzturnier, das am vergangenen Wochenende in Berlin stattfand. FechterInnen aus England, Finnland, Frankreich, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn traten in der Werner-Ruhemann-Sporthalle in Wilmersdorf gegen die bundesdeutschen und Berliner Mannschaften an. Gefochten wurde mit Florett, Degen und Säbel.

Bei Florett und Degen, sogenannte Stichwaffen, muß der Gegner mit der Spitze getroffen werden. Der Säbel hingegen ist eine Hieb- und Stichwaffe, bei der auch Treffer mit der Klingenbreite zählen. Frauen fochten bis vor einem Jahr nur mit dem Florett, inzwischen dürfen sie sich auch im Degenfechten versuchen. Seinerzeit bevorzugte man den Degen, für den das Florett lediglich Übungswaffe war.

„Auf Degen, mein Herr, auf Degen!“ Mit zwei Sätzen war er an seinem Gegner und spürte dessen Klinge auf der seinen. Er griff wie gewöhnlich ungestüm an, doch diesmal sah er sich einem Fechter und einem Handgelenk gegenüber, die ihn nachdenklich stimmten. Nachdem er zweimal mit einer Quart zurückgeschlagen war, wich er um einen Schritt.

Denn wenn auch keine internationale Spitzenelite am Start war, so hatte er es dennoch mit nicht unbekannten Gegnern zu tun. Mit dabei war auch Thomas Endres vom Fecht-Club Tauberbischofsheim, Florettfechter und Teilnehmer an den Olympischen Spielen 1988, bei denen er mit seiner Mannschaft den zweiten Platz belegte. Bekanntester Berliner Fechter war Gunter Scholz vom Fecht-Club Grunewald (FCG). Da mußte unser Mann sich schon anstrengen:

Abermals fiel er mit einer Terz aus. Von beiden Seiten wurden ein paar ergebnislose Stöße geführt, in Garben sprangen die Funken von den Degen. Schließlich hielt er den Augenblick für gekommen, seine beliebte Finte anzuwenden. Er leitete sie sehr geschickt ein, führte sie blitzschnell aus und versetzte den Stoß mit einer Kraft, die er für unwiderstehlich erachtete. Der Stoß wurde pariert. „Mordions!“ rief er in seinem gascognischen Dialekt.

Hätte er doch nicht geglaubt, daß sein Gegner so viele Arten der Parade („Beseitigung der gegnerischen Klinge“, das heißt Abwehr) beherrschte. Von den acht Paradeformen (Prim bis Oktav) sind selten mehr als vier gebräuchlich, die Italiener gar begnügen sich mit drei.

Beim Florettfechten zählen lediglich Treffer auf den Oberkörper, beim Säbelfechten werden auch Kopf- und Armtreffer gewertet. Für den Degenfechter hingegen gilt der ganze Körper des Gegners als Trefferfläche.

„Ich hab ihm den Kopf zerschmettert“, sagte er. „Das geht vortrefflich, die erste Partie haben wir gewonnen.„

Doch ganz so einfach ist es eben nicht, schließlich ist der Kopf des Fechters mit einer Brokatmaske geschützt. Ein im wahrsten Sinne hieb- und stichfestes (und kleinkaliber -kugelsicheres) Kevlarfutter schützt seinen Körper vor der Angrifflust des Gegners. So begnügt man sich dieserorts mit einem Sieg nach Punkten. Fünf Treffer reichen zum Sieg, die in einer Zeit von maximal fünf plus einer Minute erzielt werden können.

Ob unser Mann mit seiner Mannschaft das Turnier erfolgreich bestritten hat oder nicht, stand bei Redaktionschluß noch nicht fest. Doch sei kurz erwähnt, wie er üblicherweise seine Siege zu feiern pflegt:

„Portwein?„

„Portwein“, bestätigte er. „Ich habe gehört, Portwein soll ein vorzüglicher spanischer Wein sein“, wobei er sich mit der Zungenspitze die Lippen leckte...

Daniela Hutsch

Zitate: aus Alexandre Dumas „Die neuen Abenteuer der Musketiere„