„La Petite Bande“ soll dagewesen sein

■ Ein Musik-Erlebnis aus Sicht der Preisklasse III

„La Petite Bande“, 1972 von Sigiswald Kuijken gegründet, sind Klassiker der Alten Musik-Szene. Ich kann nicht präzise sagen, ob sie am Samstag tatsächlich in der oberen Rathaushalle musiziert haben. die Pressekarte verwies mich irgendwo zwischen die 600ste bis 830ste Reihe. Das stimmt verdrießlich, noch bevor der erste Ton erklingt. Schlechte Luft, schlechte Stühle, plötzlich klatscht es vorn. Ich klatsche mit. Einstimmen des Orchesters - das Konzert wird wohl live sein, denn auf Schalplatten wird dieser Teil gewöhnlich geschnitten. Stille. Erneuter Applaus. Ich versuche mir den Dirigenten vorzustellen.

Auftakt: Joseph Haydns Symphonie Nr. 91 in Es-Dur. Das Orchester interpretiert in der von „La Petite Bande“ gewohnten Perfektion. Saubere Artikulation, die Intonation der Bläser läßt bisweilen etwas zu wünschen übrig. Exakte Gestaltung, alles ist stimmig. Aber irgendetwas fehlte. Die Musik fesselt mich nicht, so wie kürzlich beim Hogwood -Konzert im Dom. Es wirkt

zu routiniert, fachmämnische Mucke, abgeklärt, eine distanzierte Leblosigkeit (der Tod der Musik) schleicht im Saal umher. Nach dem letzten Satz bimmelt der Dom unaufhörlich dazwischen. Jemand beschließt, die Pause vorzuverlegen. Als die Nachricht bei mir ankommt und ich aufstehe, sehe ich immer noch kein Orchester. (mehr?)

Nach der Pause: Mozarts Klavierkonzert in C-Dur auf dem Hammerklavier. Ich schaue mich um, ob es vielleicht nur mir langweilig ist. Der kleine Junge neben mir popelt in der Nase, er findet aber, wie ich feststelle, nichts. Beifall, durchschnittlich.

Dann zwei Arien von Mozart. Sopran! Wahrscheinlich eine Frau. Ich rutsche auf meinem Stuhl hin und her. Vorbei. Noch eine Haydn-Symphonie soll kommen, ich halte es nicht mehr aus, flüchte ohne einen Blick zurück - zur Tür. Als sie sich hinter mir schließt, fällt es mir siedendheiß ein: „La Petite Bande“! Ich habe keine Ahnung, ob sie da waren.

H.Schmidt