Vorverurteilt durch das Ministerium

Innenausschuß prüft CDU-Einflußnahme auf Mainzer Innenministerium / Dieses hatte den CDU-Kritiker und Lehrer Stölben wegen „des Verdachts falscher Verdächtigungen“ postwendend  ■  Von Joachim Weidemann

Mainz (taz) - Ist das Mainzer Innenministerium der verlängerte Arm der CDU? Diese Frage soll heute (Dienstag) auf Antrag von Grünen und SPD der Innenausschuß des Mainzer Landtags prüfen. Der Vorfall: Das Innenministerium hatte den Dauner Ex-CDU-Kreisfraktionschef, den Lehrer Hans-Peter Stölben, zwangsversetzt. Der Grund: Stölben hatte den Dauner CDU-Kreisvorsitzenden und -Landtagsabgeordneten Günther Wollscheid in einer anonymen Anzeige der Vorteilsnahme und der Steuerhinterziehung bezichtigt.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelte daraufhin gegen Wollscheid, der jedoch Immunität genoß. Die CDU verhinderte im Rechtsausschuß, diese Immunität aufzuheben. Dennoch, so der Koblenzer Leitende Oberstaatsanwalt Weise, habe Wollscheid den Ermittlern Einblick „in alle nötigen Unterlagen gewährt“. Stölbens Vorwürfe hätten sich als haltlos erwiesen. Die Ermittlungen gegen Wollscheid seien eingestellt worden. Dafür begannen Ermittlungen gegen Stölben - wegen des Verdachts „der falschen Verdächtigung“.

Auch die CDU machte mobil. Wollscheids Anwälte stellten den „anonymen Anzeiger“ Stölben an den Dauner Dorfpranger. Sie munitionierten die Kreis-CDU per Schreiben, das der taz vorliegt, mit Details aus den staatsanwaltlichen Vernehmungen. Schlußsatz der Anwälte: „Die Verwendung dieses unseres Schreibens unterliegt für Ihre Arbeit in der Partei keinen Beschränkungen.“

Helga Stölben setzte sich in einem Brief gegen solche Praktiken zur Wehr: „Die Hatz, die sich gegen meinen Mann gerichtet hat, übersteigt jedes menschliche Maß. Hier geht es darum, einen Menschen so fertig zu machen, daß er nicht mehr aufsteht.“ Hans-Peter Stölben wurde daraufhin nicht nur seine Ämter im Kreistag und in der CDU los, sondern auch seine Stelle an der Verwaltungsfachhochschule Mayen. Postwendend nach Bekanntwenden des Vorfalls war Stölben aufs Innenministerium nach Mainz bestellt worden, dem die Verwaltungsschule untersteht. Seinem Dienstherren erschien Stölben aufgrund der Ermittlungen „nicht tragbar in der Rolle eines Lehrers“. Er erfülle seine „Vorbildfunktion nicht mehr“.

Man bedrängte ihn, in seine „zeitweise Abordnung“ von Mayen nach Koblenz einzuwilligen. Dort soll er „als Finanzfachmann im Kommunalreferat der Bezirksregierung arbeiten“. Die Abordnung mutet an wie eine Strafversetzung, sogar wie eine Vorverurteilung durch das Ministerium.

Stölben hat gegen die Abordnung Rechtsmittel eingelegt. Seine Frau hegt den Verdacht: „Hier wird etwas beamtenrechtlich ummäntelt, was in Wirklichkeit eine politische Sanktion darstellt. Sollte dies wirklich alles ohne parteipolitische Einflußnahme zustande gekommen sein?“ Ließ etwa Wollscheid, der zu den Vertrauten des CDU -Landeschefs Hans-Otto Wilhelm zählt, seine Drähte glühen? Christdemokraten im Kreis Daun halten dies durchaus für möglich. Geils Sprecher dagegen nennt den Vorwurf „quatsch“. „Wir werden uns streng davor hüten, daß auch nur der Verdacht entsteht, wir seien der verlängerte Arm der CDU.“