Grüner Streit um FSLN-Kredit

Wie man sich mit Verfahrenstricks ein Problem vom Halse halten kann, bewies am Wochenende der Bundeshauptausschuß der Grünen, das höchste Gremium zwischen den Parteitagen: Taktisch geschickt ganz ans Ende der Tagesordnung gestimmt, wurde die Vergabe von 490.000 Mark Wahlkampfhilfe an die FSLN überhaupt nicht diskutiert. Das düpierte insbesondere die Realos, denn sie hatten die Finanzspritze an die „Staatspartei“ kritisiert.

Vorstandssprecherin Ruth Hammerbacher sprach von einer „völlig falschen Entscheidung“, die auch nicht durch das US -Engagement auf seiten der dortigen Opposition gerechtfertigt werde. Sie beharrt darauf, daß sich die Grünen nicht derart mit der nicaraguanischen Regierung identifizieren dürften. Doch bereits im Parteivorstand, der aus formellen Gründen den Entscheidungen des - mit politischem Bedacht unabhängig installierten - Solifonds sein Placet geben muß, waren die realpolitisch Orientierten mit ihren Bedenken in der Minderheit. Es stimmten lediglich Ruth Hammerbacher und die Beisitzerin Gisela Wülffing dagegen: Vorstandssprecher Ralf Fücks sprach sich zwar gegen den Kredit aus, enthielt sich dann aber der Stimme.

Vorgeworfen wird dem Solifonds von den Kredit-Gegnern, daß er nun einen Wahlkampf unterstütze, während er es vor einem Jahr abgelehnt habe, ein Wiederaufforstungsprojekt für das hurricanverwüstete Land zu finanzieren. Der Solifonds habe politische, nicht karitative Aufgaben in der Dritten Welt wahrzunehmen, lautete damals die Gegenargumentation. Während der grüne Ökofonds - gespeist aus den abgeführten Diäten der grünen Abgeordneten - 150.000 Mark für den Wiederaufbau bereitstellten, beschränkte sich der Sechs-Millionen-Mark schwere Soli-fonds auf preiswerte „politische Aufklärungsarbeit“ in der Bundesrepublik.

Die halbe Million Mark jetzt wird als Kredit gewährt. Seine Laufzeit wurde allerdings erst gestern mit Vertretern der nicaraguanischen Regierung verhandelt. Daß das Geld jemals zurückkommt, falls nicht genügend Spenden auf das Sonderkonto der Grünen eingehen, daran zweifelt freilich selbst Gert Jannsen, geschäftsführendes Mitglied im Bundeshauptausschuß, obwohl er die Unterstützung angesichts der massiven Wahlhilfe für die Rechte „politisch sehr sinnvoll ansieht“.

Derzeit werden noch Bürgen für diesen Fall gesucht: Einer steht bereits für 150.000 Mark gerade, heißt es aus der Zentrale der Grünen, mit einem zweiten wird noch verhandelt.

Gerd Nowakowski