Adenauer-Stiftung im Dienst der Opposition

Der Dollarstrom für Nicaraguas Opposition geht ungebrochen weiter. Nicht die Contra, sondern die zivile Opposition ist in Hinblick auf die Wahlen Adressat von Millionen nicht nur aus den USA; zweitgrößter Gönner ist die bundesdeutsche Konrad-Adenauer-Stiftung, deren Gelder der „Uno“, der größten Oppositionsallianz Nicaraguas, die sich als legitime Nachfolgerin der Contra gebärdet und von den USA auch so behandelt wird, zufließen.

Ihre erste Wahlkampfreise hat Uno-Spitzenkandidatin Violeta Chamorro nach Miami unternommen, wo sie die Brüder und Schwestern im Exil um Unterstützung anging. Auf welchem Wege die Einnahmen aus dem großen Fund-Raising-Bankett in Miami dann nach Nicaragua gekommen sind, war aus den Uno -Vertretern nicht herauszubekommen. „Daß heute Geld ausgegeben wird, ist offensichtlich“, meint ein westeuropäischer Wirtschaftsexperte. „Über die legalen Kanäle ist aber nichts gekommen. Daher kann man gewisse Vermutungen anstellen.“

Die sandinistische Regierung spricht von zentralamerikanischen Diplomaten, die Bargeld „umleiten“. Die Staatssicherheit hat schon lange den costaricanischen Botschafter in Managua Farid Ayales, einen Intimus der Opposition, unter Beobachtung. Costa Ricas Präsident Oscar Arias, der über diplomatische Kanäle diskret gebeten wurde, den Mann abzuziehen, soll erklärt haben, er sehe sich dazu außerstande; Ayales sei ein Mann von Außenminister Rodrigo Madrigal, der von den USA in die Regierung gesetzt wurde.

Am Samstag setzte US-Präsident Bush seine Unterschrift unter ein vom Kongreß verabschiedetes Paket von neun Millionen Dollar für die Wahlen in Nicaragua, wovon zwei Millionen direkt an Uno-Spitzenkandidatin Violeta Chamorro für den Wahlkampf gehen und zwei weitere für den Obersten Wahlrat, den CSE, bestimmt sind - mal abgesehen von drei weiteren Millionen, deren Erhalt Frau Chamorro abstreitet.

„Der Uno-Repräsentant im CSE soll dafür sorgen, daß dieses Geld für rein technische Zwecke wie Finanzierung der Wahlurnen oder Druck der Wahlzettel verwendet wird“, hatte US-Außenminister Baker am 20. September in einem Brief an den Kongreßpräsidenten Tom Foley geschrieben. Fünf Millionen werden über die konservative Stiftung „National Endowment for Democracy“ (NED), die schon seit langem die Presse und Organisationen im Umfeld der Rechtsopposition sponsert, an verschiedene Organisationen kanalisiert. Ein Teil davon ist für Beobachterkommissionen, ein weiterer Teil für Reisespesen, Büroeinrichtung und Fahrzeuge der Opposition bestimmt. Zum Vergleich: Die Opposition in Chile, die eine entscheidende Wahlschlacht mit der Pinochet-Diktatur auszutragen hat, ist der NED nur 1,2 Millionen wert. Selbst für die Solidarnosc in Polen hat die Stiftung nur zwei Millionen springen lassen.

Mit dem Dollarsegen aus Washington kann zwar keiner mithalten, doch lassen es sich auch die konservativen Parteien in der Bundesrepublik nicht nehmen, nunmehr auf zivilem Weg auf den Sturz der Sandinisten hinzuarbeiten. Für Aufregung hat hier der Skandal um die Friedrich-Naumann -Gelder gesorgt, dessen Ursprung allerdings schon mehr als drei Jahre zurückliegt. Die Affäre ist für Nicaragua nur deswegen relevant, weil Virgilio Godoy, der Präsident der Unabhängigen Liberalen Partei ( PLI) und langjähriger Empfänger der Naumann-Gelder, vom Uno-Bündnis als Kandidat für die Vizepräsidentschaft aufgestellt wurde. Ihm wird von seinen eigenen Parteigenossen vorgeworfen, Stiftungsmittel, die über ein ausschließlich von Godoy verwaltetes Konto in Panama flossen, veruntreut zu haben. Die Friedrich-Naumann -Stiftung hat bereits 1986, als die Sache ruchbar wurde, ihr Büro in Managua geschlossen und hält die Parteifreunde in Nicaragua seither auf Sparflamme.

Unmittelbar in den Wahlkampf verwickelt ist hingegen die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung, die einzige nicht US -amerikanische Organisation, „die langfristig im Oppositionsbereich in Nicaragua tätig war“, so ein der Stiftung nahestehender Experte. Bei einem Nicaragua-Besuch im Juni hatte der neue Stiftungschef Bernhard Vogel der Opposition eintägige Ausbildungsseminare für die Mitglieder der Wahlkommissionen und die Parteiordner in den einzelnen Wahllokalen versprochen. Bei diesen Seminaren, die offiziell für alle Parteien zugänglich sind, handelt es sich um reine Uno-Veranstaltungen. „Wir sind nie eingeladen worden“, versichert Rhina de Taboada, die sich für die Christlich -Soziale Partei (PSC) um die Vizepräsidentschaft bewirbt.

Die PSC, die einen Zentrumsblock anführt, ist bei der Adenauer-Stiftung in Ungnade gefallen. Als vor etwa zwei Jahren ein verzweifelter Versöhnungsversuch des damaligen Stiftungsvertreters Werner Böhler zwischen den zerstrittenen Parteichefs Erick Ramirez und Agustin Jarquin fehlschlug, brach die Partei auseinander. Während Ramirez sich die Anerkennung durch die Internationale Christdemokratie und deren lateinamerikanischen Ableger sichern konnte, brachte Jarquin den Großteil der Infrastruktur unter seine Kontrolle: vom Parteilokal bis zum parteieigenen Bildungsinstitut und der christdemokratischen Jugendorganisation. Auch der von der Adenauer-Stiftung gesponserte konservative Gewerkschaftsbund CTN gehört in dieses Umfeld. Wegen der Streitereien hatte die Stiftung sogar mehrere Monate lang die Finanzierung des Bildungsinstituts suspendiert. Seit Jahresbeginn fließen die Gelder aber wieder.

Auch der nicaraguanische Parteienrat hat sich für Erick Ramirez entschieden und Agustin Jarquin untersagt, seine Partei christdemokratisch zu nennen. Die Abkürzung des neuen Namens - Partido de Confianza Nacional (Nationale Vertrauenspartei) -, PDCN, suggeriert jedoch die christdemokratische Orientierung. Jarquin erfreut sich nicht zuletzt deswegen der Sympathien aus St. Augustin (Sitz der Konrad-Adenauer-Stiftung), weil er mit seiner Partei in der Uno-Allianz ist. „Es geht darum, die Einheit gegen die Sandinisten zu stärken“, erklärte ein CDU-Delegierter im September beim Treffen der Christdemokratischen Internationale in Guatemala.

Die Projekte der Adenauer-Stiftung in Nicaragua stehen allesamt im Dienste der Wahlkampagne der Uno - manche ausdrücklich, wie der Gewerkschaftsbund CTN oder der Unternehmerverband COSEP, dessen Wirtschaftsforschungsinstitut INIESEP mit zehn Personalstellen und jährlich 60 Seminaren geför dert wird; andere indirekt, aber unverhüllt, wie etwa der Kirchensender Radio Catolica oder die dubiose Menschenrechtskommission CPDH.

Gaby Gottwald/Ralf Leonhard