Die wahren Helden-betr.: "Das Frankfurter 'Schandurteil–, taz vom 23.10.89

betr.: „Das Frankfurter 'Schandurteil'“, taz vom 23.10.89

Mit Befremden verfolge ich die Diskussion über das sogenannte „Soldaten-Urteil“.

Schon in der 'Weltbühne‘ vom 4.8.1931 publizierte Kurt Tucholsky unter seinem Pseudonym Ignaz Wrobel den denkwürdigen Satz „Soldaten sind Mörder“ und bewegte die Gemüter - zeitgemäß umfunktioniert heißt es heute “... sind potentielle Mörder“ -, denn wahrhaftig beinhaltet das Soldatentum das Prinzip der Ausbildung zum Töten, das Töten im Kriegsfall sowie das Prinzip von Befehl und Gehorsam, welches das Töten im Krieg erst ermöglicht. Unbegreiflich, daß in der heutigen Zeit noch immer die Ayatollahs der BW in ihren Elfenbeintürmen der militärischen Macht hocken, borniert im Denken und morallos verwanzt, mit Waffen vor dem Kopfe. Da wird öffentlich für die BW Flagge gezeigt, von einem Generalinspektor Wellershoff die Gewaltenteilung in Frage gestellt und Richter als „Mordsrichter“ bezeichnet, andererseits die BW als Friedensarmee in den Heldenhimmel gelobt.

In Braunschweig ist dieses Thema schon lange aktuell. Nicht ohne Grund, denn die Landtagswahl 1990 steht an. Bei einer DBG-Demo zum 50.Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges am 1.9. publizierten „Die Falken“ ein Transparent mit Tucholsky-Zitat und dem Zusatz „Deserteure sind Helden“. Dazu der MdB Kühbacher, SPD, in der Presse: „Zu keiner Zeit habe ich ein solches Transparent gesehen, und wäre es mir vor die Augen gekommen, hätte ich körperliche Gewalt angewandt, um dieses Transparent zu entfernen.“

„Zersetzende Parolen öffentlich brandmarken!“ sagt die CDU/CSU. Erinnern sollte man sich vielmehr an die mindestens 14.000 Soldaten des Zweiten Weltkrieges, die wegen Fahnenflucht exekutiert wurden. Menschen, die die Metzelei einfach satt hatten. Diese Menschen bewundere ich ebenso wie den Frankfurter „Ketzer“ oder Herrn Hirsch (Ex -Verfassungsrichter) oder Herrn Bednarz ('Monitor‘). Das sind für mich die wahren Helden, nicht aber die gefallenen Soldaten.

Jörg Andre Dahlmeyer, Braunschweig