Freispruch für Blockierer

■ Erstmals glatter Freispruch für Blockierer von Giftgaslager

Pirmasens (taz) - Erstmals „richtig“ freigesprochen hat das Amtsgericht Pirmasens einen Teilnehmer der Blockade vor dem westpfälzischen US-Giftgaslager Fischbach. Anders als in fünf von 110 vorangegangenen Fällen, in denen ein Freispruch nur „mangels Beweisen“ fiel, verneinte das Gericht diesmal ausdrücklich den Vorwurf der Gewalt, der Verwerflichkeit und der Nötigung. Doch: ob das Urteil lange währt, wird sich erst noch zeigen.

Denn der Freigesprochene, der Bad Dürkheimer SPD -Kreisvorsitzende Rudi Klug (51), muß damit rechnen, daß die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen wird, um den Fall bis vor das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken zu zerren. Und dieses OLG hielt sich bislang strikt an die Nötigungsdeutung des Bundesgerichtshofs vom 5.Mai 1988.

Rolf Geisert, Pirmasenser Amtsrichter, wich mit seinem Freispruch ab von der bisherigen Linie der Richter in der Westpfalz. Die hatten zuvor z.B. die Theologin Sölle wegen „versuchter Nötigung“ verurteilt. Geisert nannte es ein „achtenswertes Ziel, gegen die Lagerung von Giftgas und für die Erhaltung des Friedens zu demonstrieren.“ Als „unabhängiger Richter“, könne er das bisher gängige „Unwerturteil“ der Verwerflichkeit nicht mit seinen „eigenen sittlichen Maßstäben vereinbaren“. Die Sitzblockade sei friedlich verlaufen; der Anklagte Klug habe sich strikt gewaltfrei verhalten; und die Demonstration sei frühzeitig genug angekündigt gewesen.

J. Weidemann