Wassernotstand in Ludwigshafen

■ In einem Teil der Stadt müßte wegen des hohen Giftgehalts für das Grundwasser eine Abwasserabgabe gezahlt werden

Ludwigshafen (taz) - Ludwigshafener Grundwasser gleicht bei einigen Schadstoffwerten ungeklärtem Abwasser. Das deprimierende Niveau der Wasserqualität mußte der Mainzer Umweltstaatssekretär Römer jetzt auf Anfrage der Grünen einräumen. Römer zufolge besteht zwar „nach vorliegenden Erkenntnissen“ für die Trinkwasserversorgung keine „akute“ Gefahr, wohl aber eine langfristige. Der Mainzer Umweltmann sprach von „Kontaminationen“ des Grundwassers und forderte Sanierungsmaßnahmen. Es sei indes nicht möglich, die Verseuchung Firmen zuzuordnen, so das Ministerium.

Trotzdem verriet die Antwort des Ministeriums einen Schadstoffherd, den der grüne Umweltexperte Harald Dörr für maßgeblich hält: die Firma Raschig AG. In deren Bereich hat sich die Grundwasserkontamination auf einen Umkreis von 300 Metern ausgedehnt. Entsprechend gravierende Schadstoffmeßwerte wurden notiert: neben Lösungsmitteln wie Benzol befanden sich dort in verschiedenen Grundwasserproben je Liter bis zu 7,6 mg Mineralöle, 69,5 mg wasserdampflösliche Phenole, 18,4 mg 1.2 -Dichlorbenzol und 68,8 mg Naphtalin. Paradoxum: im Abwasser, so Harald Dörr, liege der Grenzwert für Naphtalin bei nur 20 mg pro Liter, für Dichlorbenzol sogar bei nur 0,1 mg pro Liter. Damit wären für das Ludwigshafener Grundwasser eigentlich „Abwassergebühren“ fällig.

Doch nicht nur Ludwigshafen-Süd ist betroffen: auch aus Ludwigshafen-Friesenheim, wo die BASF ihren Sitz hat, wird Alarmierendes gemeldet. Dort wurden Schwermetalle wie Nickel (0,17 mg/l) und Barium (0,57 mg/l) gefunden sowie 1,9 mg/l Bis-Chlorpropyläther. Staatssekretär Römer führt die Belastungen aber nicht auf den laufenden Chemiebetrieb zurück, sondern auf die „160 Standorte von Altlasten“ in der Stadt. Die Zusammensetzung dieser Altlasten, die schon 1984 entdeckt wurden, sind laut Römer noch immer nicht bekannt.

Die Grundwasserverseuchung hat inzwischen ein solches Ausmaß erreicht, daß die Inhaber von Trinkwasserbrunnen in dieser Region laut Ministerium das geförderte Wasser erst einmal „auf seine Eignung“ prüfen lassen müssen. Selbst Brunnen, die nur zur Bewässerung dienen, brauchen eine wasserrechtliche Genehmigung. Und auch wenn diese dann vorliegt, „ist von dem Gebrauch des Wassers abzuraten“.

Joachim Weidemann