Washington ist dran

■ Es geht um die Entwaffnung der Contra, nicht um den Waffenstillstand

Geben wir's zu: Wer - die gesamte internationale Presse eingeschlossen - hat sich denn bis vor zwei Tagen dafür interessiert, daß die USA seit August das jüngste Zentralamerika-Abkommen blockieren, das die Auflösung der Contra bis zum 5.Dezember vorsieht? Da hatten Washingtons Verbündete, von El Salvador bis Honduras, wieder einmal einen Vertrag unterschrieben, dessen Einhaltung sie überhaupt nicht kontrollieren konnten. Na und? Das hatten wir doch schon öfter.

Die Contra sickert weiter aus Honduras in den Norden Nicaraguas ein, überfällt Armeeposten wie Landwirtschaftskooperativen. Auch das war denen seit langem bekannt, die jetzt zu hektischen „Vermittlungsbemühungen“ aufrufen, nachdem Ortega den einseitigen Waffenstillstand aufgekündigt hat. Fakt ist: Ohne diese Entscheidung der sandinistischen Führung hätten alle Beteiligten am 5.Dezember achselzuckend festgestellt: Es hat - wieder einmal - nicht sollen sein, die USA haben sich durchgesetzt, die Contra darf weitermorden. Sollte dagegen Nicaraguas Initiative - ein Treffen von beteiligten Ländern, Contra und internationaler Überwachungskommission Anfang nächster Woche - Wirklichkeit werden, dann gibt es vielleicht noch eine Chance, nicht einfach den Waffenstillstand wieder zu verlängern, sondern den Krieg zu beenden - und zwar vor den Wahlen vom 25.Februar.

Zugleich spielt Ortega aber auch mit dem Feuer, denn die einhellige Sandinistenbeschimpfung durch die Heuchler im US -Kongreß muß er vorhergesehen haben. Ungeachtet erster Dementis wird dort jetzt die Debatte um neue Militärhilfe für die Contra schnell wieder in Gang kommen. Und an einer Eskalation, bis hin zur Absage der Wahlen, haben die Sandinisten nicht das geringste Interesse. Schließlich können sie sich nicht leisten, Noriegas Wahlfälscherstrategie aus Panama zu importieren, eine internationale Isolierung würde ihre wirtschaftlich bankrotte Regierung nicht lange überleben.

Allerdings ist Ortega in diesen Monaten nicht nur Präsident, sondern auch Wahlkämpfer. Wenn er jetzt den zweiten Mann der US-Botschaft in Managua mit den Leichen der ermordeten Campesinos konfrontiert („Meine Nachricht an Präsident Bush, der die Waffen geliefert hat“), dann versucht er auch, die Souveränität der Nation, die Einheit gegen die US-Kreatur Contra zur zentralen Frage des Wahlkampfes zu machen: Wen wollt ihr an der Regierung, uns Sandinisten, die wir das Land zwei Reagansche Amtsperioden hindurch verteidigt haben

-oder die von der Contra durchsetzte und von den USA finanzierte Rechtsopposition?

Michael Rediske