U-Haft nach Jagd auf Rechtsradikale

■ Ein junger Kurde soll nach der Kommunalwahl in Dortmund bei der Verfolgung von Rechtsradikalen einen zusammengebrochenen Mann getreten haben / Zeugen widersprechen

Dortmund (taz) - Im Zusammenhang mit den Vorfällen nach der Kommunalwahl am 1.Oktober sitzt jetzt in Dortmund ein junger Kurde, Kenan G., in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Landfriedensbruchs und schwerer Körperverletzung.

Anti-REP-DemonstrantInnen hatten am Wahlabend den FAP -Funktionär Siegfried Borchardt und zwei BegleiterInnen, eine Frau und einen 56jährigen Rentner, vom Rathausplatz verjagt und einige Straßen weit verfolgt. Dabei brach der 56jährige zusammen und mußte mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus gebracht werden, er schwebte in Lebensgefahr. Ein Zeuge will nun nach einem von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Pressefoto G. als denjenigen erkannt haben, der den Borchardt-Begleiter getreten haben soll. Andere Zeugen bestätigten nach Angaben von G.s Anwältin die Rangelei, erkannten G. jedoch nicht als Tatbeteiligten wieder. Unklarheit herrscht noch darüber, ob die Staatsanwaltschaft als Beweismaterial auch Videoaufzeichnungen eines Journalisten beschlagnahmt hat. Festgenommen wurde G. auf einer Protestkundgebung gegen den Einzug der REPs in den Dortmunder Rat anläßlich der ersten Ratssitzung.

Protest, unter anderem auf einer Demo mit 300 Beteiligten, hat die Anordnung der Untersuchungshaft ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft argumentiert mit Fluchtgefahr. G. besaß jedoch sowohl eine Wohnung als auch einen Arbeitsplatz. Die vom Haftrichter unterstellte Flucht zu seinem Vater in die Türkei komme, so seine Anwältin, für den „ausgewiesenen Antifaschisten“ nicht in Frage. Zwei weitere Verdächtige, die kurzfristig festgenommen und verhört worden waren, befinden sich wieder auf freiem Fuß. Auch gegen sie wird ermittelt. Nach Angaben von G.s Anwältin sind beide Deutsche. Anfang kommender Woche findet ein Haftprüfungstermin für G. statt.

Bettina Markmeyer