MESSENHAFT BILDER

■ „art express“ im Schloß Charlottenburg

Wenn es wahr ist, daß neue Besen gut kehren, dann ist dem neuen Vorstand der IBK, der Interessengemeinschaft Berliner Kunstgalerien, mit Rudolf M. Schoen, Michael Schultz und Irena Nalepa zu bescheinigen, daß auf ihre Initiative hin das in die Jahre gekommene 'Kunstblatt‘ dem Format anderer Kunstmagazine angepaßt wurde. Zusätzlicher Anlaß dafür ist die neue Gemeinschaftsschau von 38 Galerien, die als Nachfolge der „Kunst konzentriert“ konzipiert wurde, um die Selbstdarstellung Berliner Galerien in Berlin und um Berlin herum stärker ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu bringen.

Geht man durch die Orangerie an den Ständen der einzelnen Galerien vorbei, fällt auf, daß Konzentration auf einzelne Künstler oder Bilder schwerfällt. Man hakt meistens mehr oder weniger schnell ab, was man in bestimmten Galerien schon gesehen hat, und muß sich die wirklichen Neuigkeiten aus dem Warenangebot heraussuchen, wenn sie nicht in der Flut der Bilder besonders herausragen. Nimmt man den Anspruch der Veranstalter ernst, daß diese Veranstaltung eine „Publikumsveranstaltung für Sammler und Kunstinteressierte“ sein soll, bei der „auf keinen Fall der Verkauf, sondern die Künstler und ihre Werke im Mittelpunkt stehen“, muß dieses Konzept einer konzentrierten örtlichen Selbstdarstellung als gescheitert angesehen werden. Zwar ist es für die Kunstinteressierten und Sammler bequem, innerhalb kürzester Zeit einen Überblick über das aktuelle Angebot der Galerien zu bekommen, und sicher stolpert der eine oder die andere über einen Künstler oder eine Künstlerin, die ihm bis dato noch unbekannt war, aber insgesamt ist die Chance, in den Kojen Zeit und Raum für Entdeckungen zu finden, gering.

Wenn man bedenkt, daß laut Veranstalter die „art express“ in den nächsten Jahren noch größer werden wird, da bei Abfahrt des Kunstzuges einige Kreuzberger wie auch so renommierte Galerien wie Nothelfer oder Menzel noch fehlten, steht auch die Frage im Raum, ob die Form von Gemeinschaftsschau entgegen den entschiedenen Aussagen der Veranstalter nicht doch eine „Messe“ werden wird.

Der Besucherandrang, der bei der Eröffnung zu chaotischen Verhältnissen führte, brachte einzelne Galeristinnen zur Verzweiflung. Kunstwerke, die über das Tafelbild hinaus auch den Boden miteinbezogen wie die „Inneneinrichtung Nr.7“ von Igor Kopystiansky wurden mit Füßen getreten, und an dem Bild „Erzählung Nr.5“ von Svetlana Kopystianskaya wurde herumgezupft, weil es „offensichtlich sowieso zerknautscht“ aussah.

Ähnlicher Massenandrang wird am 10.11. zu erwarten sein, wenn das Fest der Galerien mit einem Programm aus der artverwandten Kulturszene mit Rock aus Riga, Tonkneter aus Berlin und Dada-Revue mit Dada-Buffet und vielem anderen mehr geboten wird. Die Kunst wird dann wohl nicht zu sehen sein.

Qpferdach

Bis zum 12.11. täglich von 12 bis 19 Uhr, Sa. von 12 bis 22 Uhr in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg. Eintritt 6 DM, Ermäßigte 3 DM.