37.500 DDR-Über- und Aussiedler in Berlin

Die wachsende Zahl der Übersiedler aus der DDR stellt die Stadt vor immer größere Probleme. Allein aus der sogenannten Ungarn-Prag-Ausreiselinie sind gestern mehr als 330 Menschen in der Stadt angekommen. Das sind doppelt soviele wie in den vergangenen Wochen. Sozialsenatorin Stahmer rechnet damit, daß auch in der nächsten Zeit rund 400 Personen pro Tag in Berlin ankommen, die über die CSSR ausgereist sind. Dazu kommen täglich weitere 150 Menschen in die Stadt, die mit einem genehmigten Ausreiseantrag die Grenze überqueren. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, über 500 Übersiedler pro Tag in Berlin unterzubringen. Die Messehallen 1, 5, 6 und 7 sind bereits mit 500 Personen belegt, nur 250 weitere Plätze sind dort noch frei. Langfristig stünden zwar noch weitere 10.000 Betten zur Verfügung. Doch Ingrid Stahmer verwies darauf, daß in der Stadt mittlerweile mehr als 13.000 Obdachlose zu beherbergen seien. Insgesamt sind seit Januar 37.528 Menschen in Berlin angekommen, davon rund 26.000 Übersiedler aus der DDR und rund 11.000 Aussiedler. Der überwiegende Teil davon (rund 23.000) lebt in Notunterkünften. Die Sozialsenatorin mochte gestern nicht ausschließen, daß auch Turnhallen bald wieder in Beschlag genommen werden. Gleichzeitig forderte Finanzsenator Meißner den Bund noch einmal zu zusätzlicher finanzieller Unterstützung auf. Stahmer und Meißner äußerten sich ziemlich verärgert über Bundesfinanzminister Waigel, der am Montag kurz in der Stadt war und weitere Gelder mit den Worten abgelehnt hatte, Berlin sei nicht überproportional belastet. Statt der mit Innenminister Schäuble vereinbarten drei bis vier Prozent nehme Berlin sogar das Doppelte an Übersiedlern auf, betonte Meißner. Deshalb müsse Bonn mindestens 150 Millionen Mark „dazugeben“. Wie Meißner betonte, bemühe er sich seit einem Monat um einen Termin mit Waigel, um ihm die besonderen Probleme der Stadt zu erläutern. Er fügte hinzu, daß durch die Bonner Wohnungsbaupolitik gerade der Stadt Berlin überhaupt nicht geholfen sei. Bonn biete durch Steuererleichterungen mehr Anreize für den privaten Wohnungsbau im ganzen Bundesgebiet. Dadurch sinke der durch die Berlinförderung gegebene Vorteil Berlins sogar.