Sonntag

Während an der Grenze zur Bundesrepublik die Massenausreise unzufriedener DDR-Bürger weitergeht, wird um 19.15 Uhr Über eine Massenflucht ganz anderer Art berichtet. Mehr als 350.000 waren es, die zwischen 1840 und 1870 ihren Traum von Freiheit realisieren wollten und in den westlichen Teil Amerikas zogen. Doch während die Flüchtlinge heute oft mit dem Trabbi kommen, war die sechs bis acht Monate dauernde Reise der Siedler, die aus wirtschaftlicher Not den östlichen Teil des Landes verließen, ein Weg durch die Hölle. Staubstürme, Nässe, Kälte, glühende Hitze und Krankheiten wie Durchfall, Pocken und Cholera machten Menschen wie Tieren zu schaffen. Wie Frauen diese Trecks erlebten, zeigt ein Dokumentarfilm in N 3. Ein Erlebnis ganz anderer Art offeriert das ZDF. Wer nämlich wissen will, wie das ist, wenn man bei Hofe zu Gast ist, der wird um 19.30 Uhr von Dieter Meier, dem Sänger der Schweizer Pop-Gruppe „Yellow“, durch zwei alte Wiener Palais geführt, die heute Nobelhotels sind. Das eine, das „Hotel Imperial“, einst vom Kaiser zum k.u.k.-Hofhotel erkoren, kann auf eine erstaunliche Gästechronik zurückblicken. Nicht nur rumänische und bulgarische Könige haben hier geruht, sondern auch Adolf Hitler, Chruschtschow und die englische Königin. Das andere hingegen, das „Hotel im Palais Schwarzenberg“, kann einen leibhaftigen Fürsten Schwarzenberg vorweisen, der, als Land- und Gastwirt, seine Gäste höchstselbst begrüßt. Ein Leben wie die Fürsten im Schwarzenberg ist heute nur deshalb möglich, weil die Engländer im Zweiten Weltkrieg das fürstliche Palais in Schutt und Asche legten. Frei von erschwerenden Denkmalschutzauflagen konnte so der Ausbau zum Hotel beginnen. Der Fürst bedankte sich nach dem Kriege bei der englischen Königin.

Dagegen ist man um 20.15 Uhr im dritten Teil von Radiofieber, einer kleinen Rundfunkgeschichte in Spielfilmhandlung, erst im Jahre 1923 angelangt. Die Preise steigen, und „die Röcke werden kürzer“, wie Rosi Kupinke (Petra Zieser) bemerkt. Ein Ei kostet jetzt 65.000 Mark. Die Inflation hat die Bülows arm gemacht. Victoria (Cathrin Vaessen) schlüpft bei ihrem Gesangslehrer Puschel (Hans Kraemmer) unter. Das Innenministerium erlaubt die Einführung des Rundfunks. Fieberhaft wird an der ersten Übertragung gearbeitet. Die Deutsche Stunde - Gesellschaft für drahtlose Unterhaltung und Belehrung - hat Premiere. Bredow (Joachim Bissmeiser) hält darin eine Rede über die Aufgaben des Rundfunks.

Um 23.00 Uhr zeigt das ZDF einen Film von John Huston aus dem Jahre 1951. Die rote Tapferkeitsmedaille schildert die Geschichte des Yankee Henry Fleming (Audie Murphy), der während des Bürgerkrieges in panischer Angst von der Front flieht. Am nächsten Tag aber scheint er wie umgewandelt: Mit dem Mut der Verzweiflung stürzt er sich in das Gefecht. Da die Metro-Goldwyn-Mayer, die ihren Star Audie Murphy, den zu Filmruhm gekommenen höchstdekorierten amerikanischen Soldaten des Zweiten Weltkrieges, lieber als strahlenden Helden sehen wollte, kam es bereits während der Dreharbeiten zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Regisseur. Huston konnte zwar die Dreharbeiten nach seinen Vorstellungen beenden, danach aber schnippelten die Produzenten eigenmächtig am Film herum. Die ursprüngliche Version ist seither verloren.

ks.