An den Dörfern ging die Wahl vorbei

Rechtsruck bei den Kommunalwahlen in Peru / Der „Leuchtenden Pfad“ hatte im Vorfeld eine Terrorkampagne geführt / Viele KandidatInnen waren ermordet worden / In der Hauptstadt Lima wurde der Rechtspopulist Ricardo Belmont Bürgermeister  ■  Von Albert Recknagel

Die von dem Schriftsteller Mario Vargas Llosa geführte Demokratische Front (Fredemo) hat am Sonntag einen klaren Sieg bei den Gemeindewahlen in Peru erzielt. Fredemo eroberte etwa zwei Drittel der 1.951 Rathäuser. Das marxistische Parteienbündnis der Vereinten Linken (IU) errang den zweiten Platz, während die sozialdemokratische Regierungspartei Apra des Präsidenten Alan Garcia auf den dritten Platz zurückfiel.

Fredemo scheiterte den ersten Angaben zufolge jedoch in der Hauptstadt Lima, in der ein Drittel aller PeruanerInnen lebt. Hier ging das Bürgermeisteramt an den unabhängigen Rechtspopulisten Ricardo Belmont, Besitzer einer Fernsehstation.

Erstaunlich nicht so sehr das Wahlergebnis, denn mit einem Sieg der rechten Fredemo haben die meisten gerechnet. Bemerkenswert ist vielmehr, daß die Wahlen ohne nennenswerte Störungen und mit einer Beteiligung von immerhin 50 Prozent abgelaufen sind. Die acht Millionen WählerInnen Perus hatten sich am Sonntag nicht nur zwischen Parteien zu entscheiden: Seit Wochen terrorisierte der Boykottaufruf der „Kommunistischen Partei Perus - Leuchtender Pfad“ (Sendero Luminoso) das Land. Die Politik der Einschüchterung und des Terrors hatte schon im Vorfeld der Wahlen dazu geführt, daß etwa zehn Prozent der KandidatInnen zurückgetreten sind und in den „Zonen des Ausnahmezustands“, die etwa ein Drittel des Staatsterritoriums ausmachen, erst gar keine KandidatInnen aufgestellt wurden.

Neben den Anschlägen auf KandidatInnen gab es in den letzten Wochen eine Serie von Morden, die niemand mehr zählen kann und die sich wohl kaum aufklären lassen. Auch wer für diese Morde verantwortlich ist, die Guerilla oder die von staatlicher Seite organisierten Todesschwadronen, das wird in etlichen Fällen im dunkeln bleiben.

Bereits vor den Wahlen wußten Armeeführung und Nationaler Wahlausschuß, daß die Wahlen nicht im ganzen Land stattfinden würden. Nach der gültigen Wahlgesetzgebung genügen ein Drittel der Wählerstimmen für die Anerkennung der Wahl. Die Strategie der Armee war damit klar: Besetzung und Kontrolle der wichtigsten Städte. Für das Andenhochland, dem Zentrum der Guerilla-Aktivitäten, bedeutete dies die Auswahl einiger Provinzhauptstädte, in denen die Wählerlisten des Umlands zentralisiert wurden. An den Dörfern ging die Wahl vorbei.

Unabhängig von den Wahlergebnissen wird es für die PeruanerInnen jedoch wenig Bedeutung haben, welche der drei Parteien in ihrer Stadt das Sagen hat. Der Terror Senderos, der Gegenterror der staatlichen Organe und ihrer Helfershelfer vom Todesschwadron „Kommando Rodrigo Franco“ haben in eine Situation wachsender Verlelendung dazu geführt, daß Wahlen und Demokratie nur hohle Begriffe sind.