Kindermord am Bullenhuser Damm

■ Eine Ausstellung über den faschistischen Mord an 20 medizinischen Versuchskindern

Für Manche war der Faschismus ein großes Fest. Zunächst hatten sie sich an den Judenprogromen schadlos stoßen können, dann ließ der Rüstungsboom einige Reichtümer anschwellen, und auch später ließ sich auf der Basis der Nazi-Rasse-Theorie die ein oder andere Karriere schmieden. Einer, der aus seiner persönlichen Kombination von wissenschaftlicher Unfähigkeit, opportuner Gesinnung und Skrupellosigkeit Kapital schlagen wollte, war der Doktor und Lungenexperte Kurt Heißmeyer.

Ein anderer, der mit der nötigen Brutalität für sich das Beste aus dem Faschismus zu machen versuchte, war der SS -Obersturmführer Arnold Strippel, der gegen Ende des Krieges, damals dreißigjährig, in der Hamburger Spaldingstraße ein Außenlager

des KZ Neuengamme kommandierte.

Heißmeyer hatte einigen SS-Ärzten im Frühjahr sein Vorhaben unterbreitet, zu forschen, über eine bereits widerlegte Theorie über die Immunitätsstärkung bei Tbc-Kranken, mit bisher ungenutzten Versuchstieren, mit Menschen, über die die SS in den KZ ja ausreichend verfügte. Seine Menschenexperimente wurden genehmigt, es wurden ihm aus den Gefangenen Versuchspersonen im KZ Neuengamme zur Verfügung gestellt, darunter auch eine Gruppe von 20 Kindern beiderlei Geschlechts, zwischen 5 und 12 Jahren, vor allem Polen, Niederländer, Franzosen, Jugoslawen, Italiener. Zunächst wurden seine Versuchspersonen relativ gut verpflegt, damit das Fortschreiten der

Krankheit an ihnen nicht auf die übliche miserable Ernährungslage zurückzuführen ist. Dann wurden sie mit Tuberkulose-Bakterien geimpft und die Lymphdrüsen wurden ihnen herausoperiert.

Gegen Ende April 45, als selbst für die tumbesten Nazis das nahende Kriegsende nicht mehr zu verleugnen war, war eine ihrer hauptsorgen, die Spuren all der Verbrechen zu verwischen, die über die Jahre in den KZ verübt worden waren. Unter anderem sollten auch die Kinder der „Gruppe Heißmeyer“ als lebende Zeugnisse der „medizinischen“ Menschenversuche Heißmeyers beseitigt werden. Auf Befehl der SS-Leitung, den der dafür nach wie vor anklagefreie SS -Obersturmführer Arnold Strippel gegen den zögernden Einspruch des Neuengammer Lagerarzts rigo

ros durchsetzte, wurden die zwanzig Kinder in der Nacht zum 21. April 45 in der zum KZ-Außenlager umfunktionierten Schule am Bullenhuser Damm ermordet.

Die Geschichte dieser Kinder aus dem Dunst des Vergessens zu reißen, hat die Evangelische Kirchengemeinde Oslebshausen derzeit die Ausstellung über den Kindermord am Bullenhuser Damm in ihrem Gemeindehaus aufgebaut. Ein Konfirmationskurs hatte sich im letzten Jahr mit dem Thema beschäftigt und war nach Hamburg gefahren, hatte dort an der Gedenkstätte Rosen gepflanzt. So gibt es in der Gemeinde, vor allem unter denen, die nicht zu den Kirchgängern zählen, ein reges Interesse an der Ausstellung, die noch bis zum 26.11. von 9 -12 uhr geöffnet ist.

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