Wirbel um Nachrüstung der Luftwaffe

In der Öffentlichkeit wehrt sich der Mainzer Innenminister Rudi Geil (CDU) gegen den Ausbau des Pferdsfelder Nato-Flugplatzes - doch sein Staatssekretär verhandelt in Bonn über „Kompensation“ / Nörvenich, Büschel und Spangdahlem als Standorte im Gespräch  ■  Von Joachim Weidemann

Sobernheim (taz) - Werner Dümmler (SPD), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Sobernheim, hätte sich anfangs noch auf einen Deal mit Bonn einlassen wollen. Seine Devise: Wenn die Luftwaffe schon den Nato-Flugplatz Pferdsfeld bei Sobernheim um 18 Hektar ausbauen will, um 15 neuartige Spionage -Flugzeuge vom Typ D-500 zu stationieren, dann sollte der Bund bitteschön auch etwas bieten: etwa neue Unternehmen und Arbeitsplätze in der strukturschwachen Verbandsgemeinde. Doch Dümmlers Träume sind geplatzt: Bonn bot bei Gesprächen nur eine kleine Lehrwerkstatt, und die nur „eventuell“. Das war dem Rat dann doch zu dürftig.

Die Reaktion folgte postwendend: Die Verbandsgemeinde entschloß sich, fortan nicht mehr mit Bonn über Bonbons zu verhandeln. Statt dessen erklärte der Rat zum Ausbau sein „klares Nein, ohne Wenn und Aber“. Nur die CDU kniff: Einige CDU-Ratsherren hofften wohl - so hieß es in Sobernheim - auf ein Geschäft beim Betonieren neuer Rollwege. Seitdem der Rat sein Nein erklärt hat, atmen die Mitglieder der „Notgemeinschaft“ (NG) erst einmal auf.

In der NG wehren sich fünf Dörfer mit insgesamt 1.400 EinwohnerInnen seit letztem Jahr energisch gegen den Ausbau des Nato-Flugplatzes, wo derzeit Phantom-Jagdbomber stationiert sind, die das Land mit einem Lärmteppich überdecken. Im Kampf gegen die Erweiterung glaubt die NG nun eine wichtige Hürde genommen zu haben: NG-Mitglied Robert Nicolay betont, daß jetzt alle gegen den Ausbau sind, von den fünf Randgemeinden über Verbandsgemeinde und Landkreis bis zur Landesregierung. Doch die Eintracht trügt. Laut Schreiben der Mainzer Staatskanzlei hat zwar der Ministerrat des Landes Innenminister Rudi Geil (CDU) beauftragt, mit Bonn „zu verhandeln, um eine Erweiterung des Flugplatzes Pferdsfeld zu verhindern“. Geils Staatssekretär Schönberg verhandelt jedoch in Bonn bereits „in Richtung Kompensation“.

Geil sieht in diesen „Kompensationsgesprächen“ offenbar keine Abweichung zu seiner Linie. Bohrt man weiter, dann werden die Manöver um den Flughafenausbau immer undurchsichtiger. Beispielsweise sind wegen des Widerstands gegen den Pferdsfelder Ausbau nach Informationen der taz bereits andere Flugplätze für die D-500 im Gespräch: Köln -Nörvenich sowie die rheinland-pfälzischen Militärbasen Büschel, Spangdahlem oder Bitburg. Der Sprecher des Bonner Luftwaffen-Pressestabs Fredemann wollte sich zu Alternativstandorten nicht äußern. Zu diesen Hinweisen schweigt auch das Mainzer Innenministerium. Die Luftwaffe wiederum dementierte gegenüber der taz Aussagen der Mainzer Landesregierung, wonach mit der D-500 auch die US-High-Tech -Firma „E-Systems“ nach Rheinland-Pfalz komme, um die Spionage-Flugzeuge zu warten. Sprecher Fredemann: „Mir ist von einer solchen Ansiedlung nichts bekannt. Sie macht auch gar keinen Sinn. Wir warten die Maschinen in Pferdsfeld selbst.“ Bisher hieß es immer, E-System wolle sich bei Trier niederlassen, das 80 Kilometer von Pferdsfeld entfernt liegt.

Kaum hatte sich diese Nachricht in Trier verbreitet, kam Gegenwind gegen E-Systems auf, gab es Widerstände gegen den „Rüstungskonzern“. In Mainz erfuhr die taz aus CDU-Kreisen, aufgrund der rot-grünen Mehrheiten in Trier und Umgebung könne E-Systems „kaum damit rechnen, dort eine Baugenehmigung zu erhalten“. Dabei käme dem Ministerpräsidenten Carl-Ludwig Wagner (CDU) die Ansiedlung in seiner Heimatstadt vermutlich sehr gelegen: Wagner, einst Oberbürgermeister in Trier, könnte sich mit den „etwa 300 Arbeitsplätzen“ in der Bischofstadt profilieren und den Niedergang der dortigen CDU „kompensieren“. Wie Wagner so hat auch das Mainzer Wirtschaftsministerium Interesse an der High-Tech-Firma aus den USA. Im Gegensatz zum Saarland gilt Rheinland-Pfalz in Sachen Mikroelektronik als unterbelichtet. So wundert es kaum, daß der Staatssekretär des Mainzer Wirtschaftsministeriums Franz Peter Basten (CDU) sich frühzeitig für das Vorhaben der Luftwaffe stark machte. Nach der Präsentation der D-500 in Pferdsfeld verkündete Basten: Die „Ängste der Bevölkerung“ dürften ja jetzt „wohl aus der Welt sein“.

Daß ein solches Votum die Bevölkerung provozieren mußte, weiß Mainz. So beeilte sich Geils Sprecher Jürgen Dietzen zu betonen, man nehme „Ängste der Bevölkerung ernster als Basten“. Doch Mainz zögert. Geil hat trotz seines lauten Neins noch immer kein schriftliches Veto gegen den Ausbau eingelegt. Die NG fürchtet, das Verfahren könne sich bis nach den Landtagswahlen 1991 hinziehen - und dann werde stationiert.