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Opec-Prozeß wird fortgesetzt

■ Gericht lehnt die Einstellung des Verfahrens gegen Gabriele Tiedemann wegen Beteiligung an dem Opec-Anschlag ab / Lange Zeitdauer kein „Verfahrenshindernis“ ruhige Prozeßatmosphäre

Köln (taz) - Der Prozeß gegen Gabriele Tiedemann wegen Beteiligung an dem Opec-Überfall 1975 in Wien wird fortgesetzt. Die 12. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts lehnte gestern einen entsprechenden Einstellungsantrag der Verteidiger von Frau Tiedemann ab. Die Anklage wirft Tiedemann vor, bei dem Überfall einen österreichischen Polizeibeamten und einen irakischen Leibwächter erschossen zu haben. Der jahrelange „totale Stillstand“ des Verfahrens, so hatte die Verteidigung argumentiert, verstoße gegen Artikel 6 der europäischen Menschenrechtskonvention, der jedem Angeklagten zügigen Prozeß garantiere.

Unstrittig ist, daß das Verfahren von 1984 bis zum Februar 89 „nicht betrieben wurde“, wie der Vorsitzende Richter sagte, weil die Bundesregierung aus Angst vor einem Anschlag auf eine Auslieferung der in der Schweiz einsitzenden Gabriele Tiedemann verzichtet hatte. Diese Tatsache stelle zwar eine „Verletzung des Artikels 6“ dar, aber daraus sei keine Verfahrenshindernis entstanden. So wird am Montag kommender Woche der Prozeß mit der Vernehmung erster Zeugen fortgesetzt. Das Verfahren leidet an erheblichem Zeugenschwund. Drei der ursprünglich benannten Zeugen sind inzwischen schon verstorben, 19 haben definitiv abgesagt, und wieder andere konnten bisher nicht geladen werden.

Gabriele Tiedemann, die im Rahmen der Lorenz-Entführung 1975 aus ihrer damaligen Haft freigepreßt wurde, sagte am Donnerstag weder zur Sache noch zur Person aus. Inzwischen hat Gabriele Tiedemann längst mit dem Ideologie vom bewaffneten Kampf gebrochen. Das ist auch an der Art der Prozeßführung spürbar. Die Kontrollen sind längst nicht so scharf wie etwa bei RAF-Prozessen in Düsseldorf. Als der Vorsitzende Richter Dr. Terhorst, der zu dem freundlichen Klima viel beiträgt, aus einem früheren Urteil den Satz der Angeklagten vorliest, „es sollten nur Fließbandarbeiter Richter werden“, lächelt Gabriele Tiedemann sogar.

Walter Jakobs

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