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Nicht die Zukunft

■ Carte de Sejour - Rai-Pop aus Frankreich im Modernes

„Carte de Sejour“, das ist die Aufenthaltsgenehmigung der maghrebinischen „Gastarbeiter“ in Frankreich, jenes Papier, das es nicht zu vergessen gilt, wenn sich Nordafrikaner in Lyon oder Paris in die U-Bahn wagen.

Und „Carte de Sejour“ ist jene arabisch/französisch/spanische Rockgruppe, die mit ihren beißenden Beschreibungen der Lebensumstände der Nordafrikaner in Frankreichs Großstädten seit einigen Jahren europaweit Furore macht. Überraschenderweise fand ihr seit 1985 zweites Konzert in Bremen am Sonntag vor magerer Kulisse statt. Das Modernes war nicht mal zur Hälfte gefüllt.

Bei „Carte de Sejour“ wird nicht weichgespült. Aggressive Wave- und Funkstrukturen mischen sie mit treibenden Percussions- und morgenländischen Gesangs-Phrasierungen zu einer wilden und ungehobelten Synthese. „Rhorhomania“ - so nennt die Gruppe ihren Sound nach einem Schimpfnamen der Franzosen für ihre nordafrika nischen Mitbürger - klingt er staunlich eigenständig, bisweilen sehr englisch und eine Dreiviertelstunde lang auch recht abwechslungsreich.

So gelang es den „Rhorhos“, bis zur Pause ein recht interessantes Konzert auf die Bühne zu stellen. Daß im zweiten Teil die Spannung nachließ, hatte mehrere Ursachen. Zum einen wurde mangels Masse kaum getanzt, die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Um bis zum Ende spannend zu bleiben, war das Konzert zu eintönig und schlicht zu lang. Der Stimmung im Saal gab schließlich Sänger Rachid Taha den Rest, dem nach der Pause völlig das Gespür für den Konzertverlauf verlorengegangen zu sein schien. Leichtfertig verspielte er einen guten Gesamteindruck.

Fazit: Rockmusik mit interessanten Aspekten, doch „die Zukunft“, wie der Spiegel schrieb, habe ich nicht gesehen. Und wäre ich in der Pause gegangen, hätte ich einen schönen Abend gehabt.

Rainer Köster

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