Salonfähig in die Neunziger

■ Die „Republikaner“ modernisieren durch sprachliche Bereinigung ihr Parteiprogramm / Von Bernd Siegler

Die „Republikaner“ wollen politikfähig werden. Das neue Parteiprogramm, das am 27. November in Bonn vorgestellt werden wird, ist zwar im Duktus modernisiert; die Modernisierung manifestiert sich jedoch vor allem in der sprachlichen Bereinigung allzu plumper Parteiprogrammatik. Will die Partei als Koalitionspartner für die Union in Frage kommen, brauchen die REPs vorzeigbare Kandidaten. An bundesdeutschen Hochschulen formieren sich Filialen des „Republikanischen Hochschulverbands“ (RHV), um das „Intellektualisierungsdefizit“ auszugleichen. Experten und Wissenschaftler sollen rekrutiert werden, um das Niveau der Partei zu heben.

„Wir müssen in den Hörsälen genauso präsent sein wie in den Bierzelten.“ Jungakademiker Alexander von Schrenck-Notzing, Sohn des Herausgebers des rechtsintellektuellen Magazins 'Criticon‘, ist optimistisch. Der 23jährige Münchner Jurastudent will mit dem im Mai in der bayerischen Landeshauptstadt gegründeten „Republikanischen Hochschulverband“ (RHV) beweisen, daß „nationalkonservatives Gedankengut auch bei Menschen mit höherer Schulbildung Anklang findet“. Experten und Wissenschaftler sollen an den Universitäten für die Programm- und Parlamentsarbeit rekrutiert werden, um „das Niveau der Partei zu heben“.

Baron Alexander, der das Amt des Bundesvorsitzenden bekleidet, versteht den Verband, dem auch CSU-Mitglieder angehören, als Speerspitze der „Intellektualisierung“ der „Republikaner“. Er räumt ein, daß es parteiinterne Widerstände gibt: „Viele fühlen sich bedroht, haben Angst, daß qualifizierte Leute kommen.“ Doch an der „Intellektualisierung“ führe kein Weg vorbei. „Wir müssen alles tun, was der CSU ermöglicht, mit den 'Republikanern‘ nach den Landtagswahlen im Herbst 1990 eine Koalition einzugehen.“ Inhaltlich sieht der RHV-Vorsitzende keine Probleme, aber es müßten „vorzeigbare“ Kandidaten her, „mit denen wir uns nicht blamieren“.

Doch noch muß sich die REP-Hochschulgruppe mit Filialen in München, Kiel, Freiburg und Frankfurt begnügen. Als nächstes sollen Marburg, Berlin, Münster und Erlangen folgen - und als besonderer Clou eine RHV-Ortsgruppe an der Humboldt -Universität in Ost-Berlin. Während der RHV in München mit der Unterstützung des Vorsitzenden Schönhuber aus der Taufe gehoben wurde, konnte er in Kiel auf eine bestehende Gruppierung mit dem Namen „Lisa“ („Liste für demokratische Selbstbestimmung und Achtung Andersdenkender“) zurückgreifen, im November letzten Jahres gegründet. Obwohl sie satzungsgemäß Ausländer von der Mitgliedschaft ausschließt, hatte „Lisa“ keine Schwierigkeiten, von der Universitätsleitung als „förderungswürdige studentische Vereinigung“ registriert zu werden und damit in den Genuß der kostenlosen Nutzung von Räumlichkeiten zu gelangen. Bei der letzten Wahl zum StudentInnenparlament verfehlte „Lisa“ mit 92 Stimmen nur knapp einen Sitz.

Die personelle Verflechtung der Gruppierung mit den REPs wurde offenkundig, als im Februar dieses Jahres in Kiel der „Ortsverband-Westufer“ der REPs gegründet wurde. Ortsverbandsvorsitzender Franz Kurz war einer der sechs „Lisa„-Kandidaten für das Studentenparlament, sein Bruder Bernhard, „Lisa„-Vorsitzender, wurde Beisitzer im Ortsverbandsvorstand und dann von Schönhuber persönlich in die Bundesprogrammkommission geholt. Für den RHV -Vorsitzenden Schrenck-Notzing steht im Januar in Kiel eine „Bewährungsprobe des RHV“ an. Dann soll der RHV bundesweit zum ersten Mal in ein Hochschulgremium einziehen.

Auch in Freiburg konnte sich der RHV auf Bestehendes stützen. In der Universitätsstadt, in der seit den Kommunalwahlen drei REPs im Stadtrat sitzen, wurde der RHV -Ortsverband im Oktober gegründet. Der Mann, der hinter den Kulissen die Fäden zieht, heißt Dieter Stein. Er kommt aus Kirchzarten und ist Herausgeber und Chefredakteur der mit 10.000 Auflage erscheinenden Zeitschrift 'Junge Freiheit‘. Diese „Deutsche Zeitung für Politik und Kultur“ hatte Günter Rohrmoser vom Studienzentrum Weikersheim im März dieses Jahres auserkoren, um bei den REPs die „Intellektualsiierung“ anzumahnen. Schon allein ein Blick ins Impressum zeigt, wie nahe sich REPs, Mitglieder des rechtsextremen „Gesamtdeutschen Studentenverband“ (GDS) sowie Mitglieder der „Deutschen Burschenschaften“, die schon mal, wie am 17. Juni in Fulda, den Arm zum Hitlergruß erheben, stehen. Autor und Burschenschaftler Boris Rupp sitzt inzwischen im REP-Parteivorstand, der Berliner Torsten Witt ist für die REPs und den GDS tätig. Sein 'Junge Freiheit'-Kollege Karl Richter aus München schreibt nicht nur für die rechtsextreme Studentenzeitung 'Münchner Freiheit‘, sondern auch für die rechtsextremen Magazine 'Nation Europa‘ und 'Deutsche Monatshefte‘.

Die Verbindungen des RHV zur 1848 gegründeten schlagende Verbindung „Danubia“ machen klar, wes Geistes Kind der RHV ist. Mit der „reinen weißen Weste“, die Schrenck-Notzing für alle RHV-Mitglieder reklamiert, ist es nicht weit her. Im Haus der Danuben im Münchner Nobelviertel Bogenhausen wurde der RHV gegründet, Danuben-Sprecher Hans-Ulrich Kopp wurde zum stellvertretenden RHV-Bundesvorsitzenden gewählt. Im Festvortrag zum 140jährigen Bestehen der Burschenschaft zeigt dann der 2. Vorsitzende der Altherrenschaft, Rudolf Samper, von welchem Kaliber die Danuben sind. Deutschland sei etwas anderes als die Bundesrepublik, betont der Jurist. „Es ist vor allem größer.“ Über 30 Millionen Deutsche außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik zählt der Danube dazu. Er reklamiert das Züricher Schauspielhaus als „deutsches Theater“. „Und Österreich? Überflüssig zu sagen, daß die Deutsche Burschenschaft eine sachliche Unterscheidung oder gar Trennung nicht kennt.“ Samper schrammt haarscharf an der Auschwitz-Lüge vorbei, wenn er zunächst die Nürnberger Urteile, dann die These von der Alleinschuld anzweifelt und schließlich erklärt: „Gleiches gilt für die Frage des Schicksals der Juden, wobei es zumindest (zumindest, sic!) um das Problem der Größenordnung geht. Die Quantität spielt gerade hier eine enorme Rolle, da sie sich unmittelbar in Qualität umsetzt.“ In der gleichen Festschrift verlangt Danube Ulrich Kopp, der erst im Oktober als geladener Gast inmitten einer illustren Gesellschaft von Redakteuren der 'WELT‘ bis hin zum rechtsextremen „Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes“ an einer Tagung im Studienzentrum Weikersheim teilgenommen hatte, von den Mitgliedern „aufrechtes Mannestum“. Außerdem wandte er sich gegen die „Massenuniversität, die von einer nivellierenden Bildungspolitik ungesund aufgebläht wurde“.

Programmatisch steht der RHV den Danuben in Nichts nach. An erster Stelle rangiert im hochschulpolitischen Programm des RHV die „Bewahrung der nationalen Identität“. Der Verband verwehrt sich gegen eine multikulturelle Gesellschaft und bekennt sich zum Leistungsprinzip sowie zum „gesamteuropäischen Geisteserbe“. Er fordert ein Ende der „penetranten Vergangenheitsbewältigung“, Höchstquoten für den Ausländeranteil an deutschen Schulen und eine „Elitenförderung“ aufgrund der Erkenntnis, daß „der Mensch nicht unbegrenzt bild- und erziehbar“ sei. Die Jungakademiker machen sich stark für Real- und Hauptschulen und wenden sich gegen eine „akademische Arroganz und Geringschätzung von Arbeit und Handwerk“.

Daß der RHV eng mit der Danubia sowie den Zeitschriften 'Münchner Freiheit‘ und 'Erlanger Freiheit‘ kooperiert, streitet Schrenck nicht ab. Eine offizielle Verbindung gebe es jedoch nicht. „Warum auch?“ fragt Saubermann Schrenck -Notzing, der sich im Landtagswahlkampf 1989 in Starnberg die ersten „republikanischen Sporen“ verdient hatte. Damals bezeichnete er Asylbewerber als „schädlich für den Fremdenverkehr“. Der Baron: „Wir wollen nicht die Asche, sondern das Feuer aus der Vergangenheit übernehmen.“