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Mit Capoeira und Tai Chi ...

■ 400 TeilnehmerInnen beim „4. Spiel- und Bewegungsmarkt“ in Oldenburg

Recht schnell hatten sich die Vorlieben der angereisten Bewegungskultur-Enthusiasten herausgestellt: dem Run auf die angebotenen sechzig Praxis-Workshops stand ein nur sehr spärliches Publikum bei den begleitenden Diskussionsforen gegenüber. Macher und Vermarkter beherrschten so den „4. Markt zur neuen Spiel- und Bewegungskultur“, ausgerichtet am vergangenen Wochenende vom Zentrum für Hochschulsport an der Universität Oldenburg. Das „andere“ Sportverständnis, auf dessen Spuren so viele in den Norden gekommen waren, entpuppte sich als ein großer Gemischtwarenladen. Bestseller sind da noch immer die Ethno-Mix-Bewegungsformen: die ostasiatischen Meditationstechniken Tai Chi Chuan, Aikido oder Spielarten des Yoga, auf westliches Fassungsvermögen zugeschnitten, die brasilianischen Tanztraditionen der Samba Batucada oder des Capoeira. Daneben fanden sich im übervollen

Angebot viele circensische Künste, etwas Pantomime, ein wenig Akrobatik und sehr viel Jonglage. Workshops also, wie ein Teilnehmer befand, in denen sich Erwachsene mit sich selber beschäftigen. Pädagogisch intendierte Angebote, die der Sportpädagogik oder verwandten Disziplinen entstammen, die anhand eines breiten Spektrums (am Wasser, auf Rollen, mit Tuch, Theater und Tanz) vermitteln könnten, wie Bewegungserziehung mit Lust und ohne Regelnmöglich ist, kamen dennoch nicht zu kurz.

Um die Veränderungen im Sport zu verstehen, empfahl der Oldenburger Sportsoziologe Bero Rigauer einen Blick auf die Entwicklung der Postmoderne zu werfen. Die Einheitlichkeit von Konzept, Organisationsstruktur und Bedürfnissen sei einem Pluralismus gewichen, dessen Vielfalt gelegentlich Gefahr laufe, beliebig zu werden.

Die alternative Spiel- und Bewegungskultur, Ende der siebzi

ger Jahre als Erweiterung der Erlebnisformen und Ideologiekritik in Ablehnung des traditionellen Sports entstanden, scheint heute über ein unerschöpfliches Reservoir an Praxis hinaus nichts Neues mehr bieten zu können. Aus dem gesellschaftlichen Utopieentwurf, Anwalt der kollektiven Bewegungsinteressen sein zu wollen, ist eine Nischenkultur geworden, umgeben von den kommerziellen Nutznießern und entkleidet aller politischen Zusammenhänge.

Bestätigt wurde das von den zwei profiliertesten SportpolitikerInnen rot-grüner Koalitionen. Sylvia Schenk (SPD), Frankfurts neue Sportdezernentin, und Hans-Jürgen Kuhn (AL), Berlins Sport-Staatssekretär, ließen bei ihrem Besuch des Oldenburger Bewegungsmarktes durchblicken, wie sehr sie zu Hause den fordernden oder stützenden Druck der alternativen Sport- und Bewegungsszene zu spüren bekommen: gar nicht.

anh

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