Mord aus Fremdenhaß

Im schweizerischen Fribourg erschlugen Jugendliche einen türkischen Asylbewerber / Rassismus wächst /Demonstration gegen Fremdenhaß in Zug  ■  Aus Basel Thomas Scheuer

Vermutlich Fremdenhaß hat in der Schweiz an diesem Wochenende ein Menschenleben gefordert: In der Nacht auf Samstag wurde in Fribourg (französische Schweiz) ein türkischer Asylbewerber von einheimischen Jugendlichen erschlagen. Nach Angaben der Polizei war es gegen 0.45 Uhr auf dem Place Petite Paradise zwischen acht Schweizern im Alter zwischen 18 und 23 Jahren und drei wesentlich älteren Türken zu einer Prügelei gekommen. Dabei erhielt einer der Türken, ein 44jähriger Asylbewerber, mehrere Faustschläge Waffen seien nicht im Spiel gewesen - ins Gesicht und stürzte zu Boden. Der Mann erlag später seinen Verletzungen. Alle acht Schweizer wurden noch in der Nacht festgenommen und am Sonntag dem Untersuchungsrichter vorgeführt.

Übergriffe gegen Ausländer mit rassistischem Hintergrund häuften sich in den letzten Monaten in der Schweiz: Im Sommer kam es in der Innerschweiz zu einer Serie von Brandanschlägen auf Wohnheime von Flüchtlingen. In einem Fall, am 4.Juli in Chur, kamen vier Tamilen in den Flammen ums Leben. Vor knapp drei Wochen erst überfiel ein Rollkommando der rechtsextremen „Patriotischen Front“ im Kanton Zug ein Durchgangswohnheim für Flüchtlinge, demolierte das Inventar und verletzte einen schweizeri Fortsetzung auf Seite 4

schen Betreuer schwer. Die alarmierte Polizei beobachtete das Treiben der braunen Schläger damals, ohne einzugreifen. Erst nach bundesweiten Skandal-Schlagzeilen nahm die Polizei dann vier Mitglieder der „Front“ fest. Nach verschiedenen Demonstrationen der Fröntler, die die Freilassung ihrer Kumpane forderten, ließen die Behörden das Flüchtlingsheim und zeitweise sogar das Polizeigebäude mit Stacheldrahtrollen sichern.

Am Samstag demonstrierten in Zug rund 1.000 Menschen „gegen die zunehmende Fremdenfeindlichkeit und für eine offene Schweiz.“ Die offizielle Schweiz übt sich angesichts der Serie von Brandstiftungen und Tätlichkeiten gegen Ausländer in Verdrängung: „Bitte sprechen Sie doch nicht von Fremdenhaß in unserem Lande“, maulte Bundesminister Flavio Cotti kürzlich in einer Fernsehsendung seinen Gesprächspartner, den Schriftsteller Peter Bichsel, an. Auch die Polizei in Fribourg ist nun bemüht, den Mord als „Einzelfall“ ohne politischen Hintergrund darzustellen. Als Beleg dafür wird angeführt, daß „keine politische Organisation“ beteiligt gewesen sei. Bei den Tätern, so Polizeisprecher Karlen zur taz, handelte es sich um „Kumpane, die abends halt zusammen auf die Gasse“ gingen. Sie seien teilweise alkoholisiert gewesen. Zwar räumte Karlen auf Nachfrage ein, daß es zu Beginn der Schlägerei zu ausländerfeindlichen Parolen gekommen sei. Aber solche Sprüche, so der Beamte, höre man ja heutzutage überall.