„Kapital der AKW-Eigentümer prüfen“

CDU-Mitglieder fordern „Liquiditätskontrolle“ der Eigentümerin von Mülheim-Kärlich / Auch die 9. Teilgenehmigung fehlt  ■  Aus Mainz Joachim Weidemann

Eine „sofortige Liquiditätsüberprüfung“ der Eigentümerin des AKWs Mülheim-Kärlich - der luxemburgischen Nukleargesellschaft SCN - fordert der Vorsitzende der Christlichen Demokraten gegen Atomkraft (CDAK), Josef Funk. Im Kapital der SCN fehlen rund 45 Millionen Mark. Der Grund: Die Schweizerische Kreditanstalt (SKA) hat nur ein Viertel ihres 19,99-prozentigen Aktienanteils eingezahlt. Der Rest rund 45 Millionen Mark - steht noch aus, wie die jüngste Bilanz der SCN im Kleingedruckten vermerkt. Sowohl SCN als auch SKA bestätigten der taz das Kapitalloch. Die SKA habe lediglich den gesetzlich notwendigen Mindestsatz der gezeichneten Aktien beglichen - „aus fiskalischen Gründen“. Im Klartext: Die SKA will Steuern sparen. Bei den Christdemokraten gegen Atomkraft stößt gerade dies auf harsche Kritik. Ihre Devise lautet: AKW-Gesellschaften Eigentümer wie Betreiber - sollten bei AKW-unabhängigen Banken Kautionen für den Abriß von Reaktoren hinterlegen, statt auf Steuerersparnisse zu spekulieren.

Das Mainzer Umweltministerium indes läßt dies kalt. Wie Pressesprecher Prümm bemerkte, „interessieren wir uns nur für den antragstellenden Betreiber, das Rheinisch -Westfälische Elektrizitätswerk (RWE). Die SCN geht uns nichts an.“ Daß das RWE wiederum mit 30,01 Prozent an SCN beteiligt ist, stört Mainz nicht. Ebensowenig, daß das RWE den Reaktor Mülheim-Kärlich von der SCN gepachtet hat - für 865,6 Millionen Mark netto im Jahr 1988. Der Pachteinnahme der SCN stehen allerhand Schulden gegenüber: rund 171 Millionen Mark Darlehen der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) und 300 Millionen Mark Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Eine solche europaweite Kapitalverflechtung macht eine endgültige Stillegung des Reaktors unwahrscheinlich. Und so hofft SCN auf die Wiederinbetriebnahme des Reaktors „noch bis Ende diesen Jahres“. Dazu brauchen SCN und Antragsteller RWE jedoch nicht nur die 1.Teilgenehmigung (TG), für die derzeit ein juristisch umstrittenes Erörterungsverfahren läuft, sondern auch eine 9. TG - die „Dauerbetriebsgenehmigung“. Wie zu erfahren war, liegt diese 9. TG bislang nicht vor. Demgemäß fehlte sie auch, als das AKW bis zum September 1988 am Netz war - ein weiterer Rechtsverstoß im bisher skandalösen Genehmigungsverfahren. Unklar ist, ob es für die 9. TG ein eigenes Erörterungsverfahren geben wird. Zur „Heilung“ der rechtswidrigen 1. TG hat der Mainzer Umweltminister Beth (CDU) den 5. 12. als „weiteren Erörterungstermin“ in der Mülheim-Kärlicher Rheinland-Halle bestimmt. Er scheint das AKW noch in diesem Jahr genehmigen zu wollen.