„Fulda-Gap“ als Disneyland ab in die Wüste von Nevada?

Tausende JournalistInnen drängelten sich auf Malta, doch nur einem gelang es, sich „Stealth„mäßig an Bord der „Maxim Gorki“ zu schleichen und das Gespräch zwischen den Supermächtigen zu belauschen / Exklusiv veröffentlicht die taz Auschnitte aus dem erbarmunglosen Meinungsaustausch  ■ I N T E R V I E W F I K T I V

Bush: High Mikel. Wie geht's denn?

Gorbatschow: Meinen Sie meinen Magen oder meine Volkswirtschaft?

Bush: Beides, really.

Gorbatschow: Nun, mit der Perestroika daheim ist es wie mit dem Wetter hier vor Malta: beides zum Kotzen!

Bush: I'm so sorry. Hätte ich vielleicht nicht gleich zu Anfang ansprechen sollen. Aber sei getrost, mir geht's auch nicht viel besser. Dir stehen die wertlosen Rubel bis zum Hals, bei mir sind es die japanischen Yen. Unser verdammtes Haushaltsdefizit geht einfach nicht runter. Siehst du, eure Gesellschaft ist gerade dabei, sich zu finden; unsere gehört uns schon gar nicht mehr.

Gorbatschow: Deswegen sind wir ja hier, Mr.Bush. Um mit den Waffen auch unsere Sorgen abzurüsten.

Bush: Schön gesagt, Michael Sergejewitsch. By the way, du kannst ruhig du zu mir sagen.

Gorbatschow: Okay, George. Let's do business then. Die Sache ist ganz einfach: Wenn ihr als reichste Nation der Welt im Osten Stabilität haben wollt, müßt ihr uns ein paar Milliarden Dollar rüberschicken, sonst bricht bei uns alles zusammen.

Bush: Dollars. Ich höre immer nur Dollars und reichste Nation. Daß ich nicht lache. Wenn die Japaner ihr Kapital aus den USA abziehen, gehen bei uns auch die Lichter aus. Vergiß die Dollars oder klopf gleich in Tokio an. Laß uns lieber über Sicherheit reden.

Gorbatschow: Gut, dann will ich gleich hier anfangen. Hat denn dieser Kahn hier Atomwaffen an Bord?

Bush: Ich verbitte mir solche intimen Fragen. Es ist die Politik der Vereinigten Staaten von Amerika, darüber keine Auskunft zu geben.

Gorbatschow: Come on, George. Mir kannst du es doch sagen.

Bush: Sorry. No comment.

Gorbatschow: Ich habe aber ein verdammtes Recht auf eine Antwort. Schließlich wäre die „USS Belknap“ 1975 bei ihrem Zusammenstoß mit der „USS John F. Kennedy“ hier im Mittelmeer beinahe in einem nuklearen Inferno in die Luft geflogen.

Bush: Woher weißt du das denn?

Gorbatschow: Tja, Greenpeace, mein Lieber. Die gibt es jetzt auch bei uns in Moskau.

Bush: Das werdet ihr noch bereuen, die reingelassen zu haben. Aber lenk nicht vom Thema ab.

Gorbatschow: OK. Sind wir doch mal ehrlich. Wir wollen beide unsere Truppen in Europa reduzieren, wissen aber nicht wohin mit den Generälen und Fußsoldaten. Und da hätte ich eben eine Idee. Einen „theme park“ in den USA.

Bush: Was bitte?

Gorbatschow: Ja, den „Fulda Gap“ in der Wüste von Nevada rekonstruieren. Mit Kampffliegern, Panzern, Soldaten, Zivilbevölkerung und Trabis. Meinetwegen sogar mit modernisierten Kurzstreckenwaffen, das ist mir gleich. Muß nur alles echt sein. Das größte Joint venture aller Zeiten. Wir liefern die militärische Hardware für die sowjetische Invasion und ihr das Freizeit-Know-how. Der Kalte Krieg als Disneyland. Und die 30 Dollar für die Tageskarte teilen wir uns.

Bush: Wenn ich jetzt ja sage, heißt es gleich wie bei Reagan damals in Reykjavik, daß ich Dir auf den Leim gegangen bin.

Gorbatschow: Angsthase. Ich verstehe das nicht. Wenn ich wie letzte Woche noch von der Bewahrung des Sozialismus rede, dann pißt ihr mich an. Und jetzt schlage ich ein venture vor, wie es im Lehrbuch des Spätkapitalismus steht, und das ist auch wieder nicht richtig. Was wollt ihr eigentlich? Diesen imaginären 3.Weg, wie er in den Köpfen der Ostberliner Intelligenzia herumspukt?

Bush: Quatsch. Einen 3.Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus gibt es für uns Amerikaner nicht. Das ist gedanklich viel zu kompliziert, hab‘ ich mir sagen lassen.

Gorbatschow: Du, ich muß ja zugeben, daß ich diese Ostdeutschen auch nicht verstehe. Wenn wir Russen so einen tollen historischen Vorwand hätten, uns mit dem BRD-Kapital zu vereinigen, würden wir sofort zusagen. Schon allein um diese ganzen Balten, Armenier und Georgier endlich vom Hals zu haben.

Bush: Das kommt überhaupt nicht in Frage! Keine Überraschungen hier, Gorbi!

Gorbatschow: Mann, beruhig Dich. War doch nur ein Scherz...

Bush: Also ich muß jetzt los, die Nato wartet auf mich.

Gorbatschow: Aber wir haben doch noch gar nichts richtig besprochen.

Bush: Macht nichts, aber ich muß meinen Nato-Freunden davon berichten. Sonst fühlen die sich wieder übergangen. Die sind in letzter Zeit so empfindlich.

Gorbatschow: Mensch, was willst du deinen Nato-Brüdern denn erzählen, da war doch noch gar nichts.

Bush: Genau das werde ich ihnen berichten: gar nichts, schließlich war ich nicht umsonst CIA-Chef. Das fällt bei uns im Westen eben nicht auf.

Gorbatschow: Was?

Bush: Daß ich nichts zu sagen habe. Dafür haben wir unsere Medien.

Gorbatschow: Wie meinst du das?

Bush: Das werdet ihr im Osten auch noch kapieren. Wenn die Presse erst richtig frei ist - ich meine frei von Inhalten und voll mit Commercials - dann brauchst du gar nichts mehr zu sagen. Das machen die dann alles selbst. Du, jetzt muß ich aber wirklich gehen. See you, guys. Nice talkin‘ to you. (Geht ab. Gorbatschow steht noch eine Weile da, sinnierend, ob Glasnost wirklich das Wahre ist)

Mäuschen: Rolf Paasch