Frauenpolitisches Schaumbad

■ Zum Frauenförderpreis des Wirtschaftmagazins 'Capital‘

Am 24. November verlieh das Wirtschaftsmagazin 'Capital‘ einen „Frauenförderpreis“ an sechs Firmen, die „Frauenkarrieren“ unterstützen: Audi, IBM, MBB, Bayer, Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) und der Computerhersteller egs. Entschieden hatte eine „hochkarätige“ Jury. Die Laudatio hielt Rita Süssmuth. (Anm. d.Red.)

Preise sind symbolhafte Ereignisse, sollen stimulierend, beispielhaft wirken. Aber wenn die Symbolik nicht stimmt, dann ist die Perversion der Frauenförderung nicht mehr weit. Die Zeitschrift 'Capital‘ hatte zunächst die einsichtige Vorstellung, die Frauenfrage mehr in die Unternehmen hineinzutragen und durch einen Preis entsprechenden Anreiz zu schaffen. Aber schon die Modalitäten der Ausschreibung mußten Zweifel an der Seriosität aufkommen lassen. Die Unternehmen sollten Unterlagen zu ihren frauenspezifischen Aktivitäten einsenden, dann sollte eine Jury entscheiden. Mit einigem Erstaunen konnte man lesen, daß diese Mitteilungen auch auf einer Postkarte Platz finden könnten ein sicheres Indiz dafür, daß die 'Capital'-Redaktion selbst nicht sehr viel von den Unternehmen erwartete. Mehr kommt es aber darauf an, daß sich die Jury und die 'Capital' -Redaktion fast nur auf jene Angaben stützen. Außerdem verläßt sich keine verantwortungsbewußte Jury nur auf Papier und Programmatik, sondern versucht in Gesprächen mit der Unternehmensleitung, dem Betriebsrat und den möglicherweise vorhandenen Frauennetzwerken herauszubekommen, was wirklich ist. Dazu hat natürlich eine vorwiegend prominent besetzte Jury - Engelen-Kefer (BfA), Pöhl (Bundesbank), Lambsdorff (FDP), Süssmuth (CDU), Christians (Deutsche Bank) und andere - keine Zeit. Das eigentliche Problem liegt aber in dem Preisraster der Jury. Es wäre unfair, die ausgezeichneten Firmen zu kritisieren - sie haben einige frauenfreundliche Versuche unternommen, und sie wären töricht, wenn sie es sich entgehen ließen, ein medienwirksames frauenfreundliches Image auszuschlagen. Aber das darf nicht von der Frage ablenken, was hier wirklich ausgezeichnet wird: Schaut man die Unterlagen durch und nimmt zudem noch für bare Münze, was hier und dort programmatisch angekündigt ist, so wird hier eine ganz traditionelle, die Arbeits- und Machtverteilung der Geschlechter zementierende Preisverleihung vorgenommen. Natürlich ist es gut, wenn Frauen mehr gefördert werden, natürlich ist zu befürworten, wenn Audi ein respektables Programm für Frauen in technisch -naturwissenschaftlichen Berufen aufgelegt hat, natürlich ist es lobenswert, wenn familienfreundliche Arbeitszeiten eingeführt werden, und wer wollte sich hier nicht freuen, wenn sich bei MBB selbst in eine Spitzenposition aus imageaufpolierungswürdigen Gründen eine Frau verirrt hat? Aber solange nicht im Ansatz Macht-, Arbeitsumverteilungs und Arbeitsplatzstrukturfragen angekratzt werden, gibt es doch in Wahrheit keinen Preis zu verleihen. Frauenförderung ist eben Geschlechterförderung - Frauenförderung ist nicht nur ein paar Frauen in technisch-naturwissenschaftliche Ausbildungen stecken, eine Meisterin vorzeigen und eine Damentoilette für „Führungskräfte weiblich“ einrichten. Gefragt werden muß danach, wer über das Produkt und die Dienstleistung entscheidet, wer Macht ausübt, wie das Verhältnis von Erwerbsarbeit, Erziehungsarbeit und Hausarbeit für Männer und Frauen anders austariert werden kann. Der 'Capital'-Förderpreis hingegen läßt Frauenförderung zu einem frauenpolitischen Schaumbad verkommen. In dieses Strickmuster öffentlicher Inszenierung gehört auch die in der Presse immer wieder aufgestellte Behauptung, in den 90er Jahren würden ca. 250.000 Führungskräfte zusätzlich benötigt und deshalb gehe nichts an einer gezielten Frauenförderung vorbei. Das immer wieder zitierte Gutachten der Prognos AG (Basel) zum Bedarf und potentiellen Realisierung von mehr Frauen in Führungspositionen existiert aber nicht.

Peter Grottian