Sieg, aber kein Erfolg

■ Arbeitsgericht urteilte über Zweitregister / Einsatz von Filipinos war rechtswidrig

Insgesamt vier Verhandlungstage brauchte das Bremer Arbeitsgericht. Nach eingehender Debatte gestern vormittag vor einem gesteckt vollen Saal, nach stundenlanger Beratung bis in die frühen Abendstunden, stand das Urteil endlich fest: Die Bremer Reederei Sloman Neptun war nicht berechtigt, ihre teuren deutschen Seeleute gegen billige Filipinos auszutauschen. Dies aber nicht, weil sie dadurch gegen die in der Bundesrepublik geltenden Arbeits- und Sozialnormen verstoßen hätte, sondern weil sie einen Formfehler begangen hatte. Der Betriebsrat war vorher nicht ausreichend informiert worden.

Der Seeleute-Tausch auf der „Zetagas“ liegt nun schon ein halbes Jahr zurück. Als der Flüssiggas-Tanker am 30. Juni vor Stade auf der Unterelbe lag, ging eine Hafenbarkasse längsseits. An Bord der Inspekteur der Reederei und acht frisch angeheuerte filipinische Seeleute. Die Filipinos kletterten auf den Tanker, sechs deutsche Seeleute stiegen hinunter in die Barkasse. Sie wurden auf andere Schiffe der Reederei versetzt. Damit war das Gesetz über das zweite deutsche Schiffsregister, seit April dieses Jahres in Kraft, erstmals Wirklichkeit geworden. Ausländische Seeleute auf deutschen Schiffen hatte es auch früher schon gegeben, ebenso wie „Gastarbeiter“ bei Klöckner oder VW. Aber sie waren bisher nach bundesdeutschen Tarifen bezahlt worden. Die Filipinos auf der „Zetagas“ jedoch bekommen filipinische Löhne. Sie machen nur ein Drittel der Heuer ihrer deutschen Kollegen aus. Und: Für sie gilt nicht das deutsche Arbeitsrecht, sondern

ein filipinischer Tarifvertrag. Darin ist zum Beispiel vorgesehen, daß sie fristlos entlassen werden können, wenn sie ihren deutschen Vorgesetzten gegenüber ungehorsam oder unehrerbietig sind.

Ob solche Verhältnisse auf einem deutschen Schiff - also auf deutschem Hoheitsgebiet - mit dem hiesigen Rechtssystem vereinbar ist, darüber hat das Arbeitsgericht gestern bewußt nicht entschieden. Das, so betonte Richter Winfried Awe mehrmals, sei Sache des Bundesverfassungsgerichts. Zu beurteilen war nur, ob die Reederei ihren Betriebsrat ausreichend informiert hatte, ehe sie die Filipinos an Bord der „Zetagas“ brachte. Das aber hatte sie

versäumt, meint das Gericht. So hatte der Betriebsrat geltend gemacht, daß er sich kein Bild vom Ausbildungsstand der filipinischen Matrosen hatte machen können. Und das bei einem Tanker, der explosive Gase transportiert.

Ein Sieg also für Betriebsrat und die Gewerkschaft ÖTV, aber praktische Auswirkungen wird es keine geben. Denn die Reederei will Widerspruch gegen das Urteil beim Landesarbeitsgericht, der nächst höheren Instanz einlegen. Bis darüber entschieden ist, sind die Arbeitsverträge der acht filipinischen Matrosen schon ausgelaufen. Die sind nämlich befristet bis zum April nächsten Jahres.

mw