Die SED: Nur noch eine Partei unter anderen

■ Entwurf eines Parteistatuts veröffentlicht

Berlin (dpa/taz) - Das SED-Organ 'Neues Deutschland‘ hat am Mittwoch einen ersten Entwurf für ein neues SED-Parteistatut veröffentlicht, in dem auf jeglichen Führungsanspruch verzichtet wird. „Die Partei wirkt im politischen System gleichberechtigt neben anderen“, heißt es in dem Text einer Gruppe von Mitarbeitern der Parteihochschule, der Ostberliner Humboldt-Universität und des Parteivorstandes. Sie kämpfe um die Gewinnung demokratischer Mehrheiten für die Verwirklichung ihrer politischen Ziele durch die gewählten Volksvertretungen. Die Hauptwurzeln der Partei lägen „in der kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiterbewegung“. Zugleich beziehe sie sich aber auch auf pazifistische, sozialistische und antifaschistische Traditionen. Theoretischer Leitfaden sei materialistisches und dialektisches Denken. Die Partei sei aber offen „für alle theoretischen und konzeptionellen Impulse anderer geistiger und politischer Strömungen, die der Entfaltung der Persönlichkeit in der sozialistischen Gesellschaft und der Sicherung des Überlebens der Menschheit dienen“. Sie trete für einen menschlichen demokratischen Sozialismus ein, der als Alternative zum Kapitalismus eine Gesellschaft zum Ziel habe, in der die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller sei.

Zwischen den Parteitagen, die alle zwei Jahre stattfinden sollen, wird die Partei durch einen Parteivorstand und einen Parteivorsitzenden geleitet. Einen weiteren Bruch mit bisherigen Traditionen stellt dar, daß den Parteimitgliedern das Recht eingeräumt wird, „Kritik an Mehrheitsbeschlüssen zu üben“, sich „zum Zwecke der innerparteilichen Meinungsbildung ... mit Genossen anderer Grundorganisationen zusammenzuschließen, Standpunkte zu erarbeiten und Entscheidungsvorschläge zu unterbreiten“. Weiter hätten die Mitglieder das Recht, sich mit ihren Positionen auch an die Öffentlichkeit zu wenden. In anderen Worten: Es soll ein Recht zur Fraktionsbildung geben.

ws