Schaden von 3-4 Millionen für Hans-Wendt-Stiftung

■ Treuarbeit und Rechnungshof durchforschen seit über drei Monaten die Geschäfts-Unterlagen der Jugendhilfe-Stiftung / Zwei Strafanzeigen

Wer einer Stiftung Geld gibt, der weiß: Damit wird Gutes getan, und nicht einmal der Fiskus zieht von dem Geldumlauf Steuern ein. Die Bremer Hans-Wendt-Stiftung, gegründet 1919, soll Jugendhilfe betreiben. Wie hoch derzeit das Stiftungsvermögen ist, „das weiß derzeit niemand“, sagt Geschäftsführer Andreas Strunk auf Nachfrage. Seit Anfang September, also seit mehr als drei Monaten, sitzen Spezialisten des Rechnungshofes und der Wirtschaftsprüfungs -Gesellschaft Treuarbeit im Büro der Hans-Wendt-Stiftung am Lehester Deich, um in den Büchern nachzuforschen, wo das Geld der Stiftung geblieben ist. Die Nachforschungen sind nicht nur so kompliziert, weil ganze „Journal„-Seiten aus den Büchern offenbar herausgerissen wurden und fehlen. Das Finanzgebaren der Stiftung muß zudem über Jahre in ganz unterschiedlicher Hinsicht skandalös gewesen sein.

Insgesamt auf drei, vielleicht sogar auf vier Millionen belaufen sich die Summen, die der Rechnungshof Ende Januar beanstanden wird.

Im Sommer war der Geschäftsführer Strunk über fehlende Belege gestolpert, Nachforschungen ergaben: Der langjährige Verwaltungsleiter Dieter Ziebarth und die Chef-Buchhalterin Fischer haben eine halbe Million an Geldern unterschlagen. (vgl. taz 13./15.9.) Der Vorstand der Stiftung, in dem die Behördenspitze des Sozialsenators die Mehrheit hat, schaltete den Wirtschaftsprüfer und die Staatsanwaltschaft ein, der Parlamentspräsident gab dem Rechnungshof einen Prüfauftrag. Inzwischen summiert sich das, was dem Staatsanwwalt Menke bekannt ist, allein für die Buchhalterin auf 4-500.000 Mark. Und wenn in den nächsten Tagen der Verwaltungschef zum Vehör-Termin kommt, muß er sich vom Staats

anwalt für fehlende 200.000 Mark rechtfertigen. Die Buchhalterin hat vor wenigen Tagen der Stiftung ein notariell beglaubigtes Schuldbekenntnis über einen Teil der Summe zukommen lassen - mit dem Hinweis, da sei nichts mehr zu holen. Über Jahre muß sie, vermuten Mitarbeiter der Stiftung, einige hunderttausend Mark des für gute Zwecke gegebenen Geldes in Kosmetika, modische Kleidung und teure Reisen umgesetzt haben.

Weit höher als die Summe des unterschlagenen Geldes scheint das Vermögen zu sein, das per Fehlentscheidungen in der Stiftung durch den Schornstein ging. So hat die Hans-Wendt -Stiftung einige hunderttausend Mark in Ausbildungswerkstätten investiert - eines dieser Renommier -Projekte steht seit einem Jahr leer und kostet nur Miete. Die Stiftung hat keine Anschluß-Projekte bekommen. Aus rein finanztechnischer Unkenntnis hat der Verwal

tungsleiter offenbar Investitionen nicht bei den Pflegesatz -Verhandlungen einbezogen und damit auf hohe Summen bei der Behörde verzichtet. Umgekehrt hatte aber die Buchhalterin bei den Pflegesätzen für die Mitarbeiter höhere Gehälter angegeben als in Wirklichkeit ausgezahlt wurden - die Differenz floß in ihre Handtasche. Daraus haben sich Forderungen an die Hans-Wendt-Stiftung von jährlich ca. 100.000 Mark aufsummiert - plus Zinsen.

Bei den Projekten der Stiftung - es werden jeweils dafür öffentliche Gelder beantragt - hat es seit einigen Jahren erhebliche Einbrüche gegeben. Die Ausbil

dungsprojekte der Stiftung zum Beispiel sind bis auf eines ausgelaufen. Offen ist, ob die Stiftung die Aussiedler -Arbeit weiter betreiben darf. Der Rechnungshof monierte, daß dies vom Stifter-Auftrag nicht gedeckt ist. Der Vorstand der Stiftung beschloß kürzlich dennoch, die Arbeit erstmal weiterzumachen. Und wieviel wird vom Vermögen der Stiftung am Ende übrig bleiben? Derzeit läßt es sich nur schätzen zwischen 5 und 8 Millionen dürfte es liegen.

Wenn der Rechnungshof seinen Bericht dem Parlament vorlegt, wird auch die Frage der politischen Verantwortlichkeiten debattiert werden. Seit Jahren haben

die MitarbeiterInnen immer wieder darüber geklagt, daß die Jugendhilfe-Stiftung eine Art „Müllablade-Platz“ der Sozialbehörde ist, bei der sich die bremischen Sozialpolitiker bedienen können. Aufgrund der Behörden -Mehrheit im Stiftungs-Vorstand hat es bei den Verhandlungen zwischen Stiftung und Sozial-Behörde immer komplizierte Interessen-Verquickungen gegeben, in denen der Verwaltungsleiter Ziebarth 15 Jahre lang die Vertrauensperson der Behörde war. Da der Geschäftsführer Strunk kein Finanz-Spezialist ist, wird erst einmal per Ausschreibung ein Betriebswirt gesucht - ein Nachfolger für Ziebarth.

K.W.