Atemberaubendes Tempo

■ In Ost-Berlin gibt es bald das erste Ost-West-Begegnungszentrum für Frauen

So schnell konnten die Westberliner Frauen gar nicht denken: Ein atemberaubendes Tempo legten die Ostberliner Partnerinnen bei der Gründung einer Ost-West -Begegnungsstätte für Frauen vor. Entstanden war die Idee bei einem kurzen Pausengespräch während des Frauenforums an der Berliner TU, zu dem die Professorin Christina Thürmer -Rohr alle vierzehn Tage einlädt. „Man könnte doch ein Frauencafe zum Erfahrungsaustausch für Frauenbewegte aus Ost und West einrichten, hatte die Slawistin Ulla Könings ganz harmlos vorgeschlagen. Und dann hatten alle in Visionen geschwelgt.

Doch da hatten sie die Rechnung ohne die Ostberliner Frauen gemacht. Ulla Könings war baff, als sie bei ihrem darauffolgenden Besuch in Ost-Berlin erfuhr, daß für das Projekt bereits Räume in der zentrumsnahen Albrechtstraße 19 angemietet seien. Drei Tage nach dem Frauenforum nämlich hatten Elke Mieritz und Evelyn Könings aus Ost-Berlin beim „Amt für Gewerberaumlenkung“ ihr Anliegen vorgetragen. Die leitende Mitarbeiterin dort zeigte sich kooperativ. Nach einem Telefongespräch mit dem Stadtbezirksvorsitzenden war klar: Man ist neuen Initiativen gegenüber aufgeschlossen. Da es für die Räume in der Albrechtstraße jedoch keinen Schlüssel gab, ließ die Amtsfrau das Schloß unbürokratisch aufbrechen und ein neues einbauen. Den Schlüssel bekamen Elke Mieritz und Evelyn Könings.

36 Ostmark Miete wird das neue Frauencafe kosten. Im Moment ähnelt es allerdings noch einer Bruchbude. „Viel Arbeit“, stellt Jutta Schulz, die Dritte im Bund der Ostberlinerinnen, fest. Alle drei Frauen waren Diplomandinnen der Akademie der Gesellschaftswissenschaften, ein Institut der SED. Dort haben sie ein Jahr lang darum gekämpft, über Frauenthemen promovieren zu dürfen. Was aus dem Institut nun wird, steht in den Sternen. Nun soll der Ostberliner Magistrat und der Westberliner Senat im Rahmen des neuen Kulturaustauschs Geld für das Ost-West -Frauenprojekt locker machen. Eine prominente Unterstützerin gibt es auch bereits: Christina Thürmer-Rohr findet die Idee „ganz große Klasse“.

Die Fraueninitiative hat sich nicht nur einen Namen gegeben: „Frauen aus Ost und West für eine selbstbestimmte demokratische Zukunft“, sondern auch bereits Vorschläge für Diskussionsrunden ausgearbeitet. Themen wie „Frauen, Ökologie und Wirtschaft“ oder „Familienpolitik und alternative Lebensformen“, „Rassismus und Gewalt“, damit die rasante deutsch-deutsche Entwicklung nicht an den Frauen vorbeigeht.

Gitta Düperthal