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Vorlauf: Prominentenauflauf zum Jahreswechsel

■ "Menschen 89"

(Menschen '89, ZDF, Montag, 20.50 Uhr) „Günther Jauch im Gespräch mit Bekannten und Unbekannten“ lautete der Untertitel dieser mittlerweile schon institutionalisierten Sendung. Publikumswirksamer sind die Bekannten, und darum überwogen sie auch deutlich in der Jahreswechselstube des treuherzig dackelhaft dreinblickenden Jauch. Eine Liste, wie von Einschaltquotenfrauen kalkuliert: B. Becker, Genscher, Nena, Geißler, Heino, Momper, Pfarrer Eppelmann - exakt jener Prominentenauflauf also, der eh permanent in der Bildröhre quillt und quallt. Kein Wunder, daß sich nach sportlichem Beginn mit Becker schließlich der Rest der Sendung größtenteils um Grenzöffnung, Mauerfall und Wendehälse drehte.

Da die Sendung einige Tage zuvor aufgezeichnet worden war, konnten die aktuellen Ereignisse am Brandenburger Tor nicht zur Sprache kommen. Gern hätte ich Momper zu den Jubel- und Pöbelberlinern befragt gehört; so aber kam das Frage- und Antwortspielchen über aufgewärmte „Heute„-Meldungen nicht hinaus.

Was sich mehr zu Beginn des Jahres 1989 begab und zwischen den Großereignissen abspielte, blieb unerwähnt. So fehlte beispielsweise Michael Rust, der bekanntlich der Diskussion um den Satz „Alle Zivildienstleistenden sind potentielle Mörder“ neue Aspekte hinzufügte. Unerwähnt blieben auch die Erfinder des „Genschman“, die Hans-Dietrich doch erst zu dem Volkshelden machten, der er heute ist.

Passend koordiniert, ging es um 22.50 Uhr bei ARDs weiter mit einem Rückblick auf die 80er Jahre. Und als da gleich zu Beginn schon wieder Boris Becker ins Bild gerückt wurde diesmal als zwar ungeübt, aber nicht so dumm wie sonst einherparlierender Kommentator -, war es endgültig an der Zeit, den roten Knopf zu drücken.

Harald Keller

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