Goldrausch ist stärker als die Yanomammi

■ Entscheidung, 40.000 Goldsucher im Amazonasgebiet zu vertreiben, wurde rückgängig gemacht / Geplante Umsiedlung gefährdet Existenz der Indianer weiterhin / Regierung hat sich Goldsucherlobby gebeugt / Bundesgerichtshof hatte Räumung angeordnet

Rio de Janeiro/Berlin (taz) - Die von der scheidenden brasilianischen Regierung Jose Sarney großartig angedrohte Vertreibung von 40.000 Goldsuchern aus dem Territorium der Yanomammi-Indianer ist am vergangenen Dienstag in eine friedliche „Umsiedlung“ umfunktioniert worden. Die „Garimpeiros“ (Goldsucher) sollen nun innerhalb der nächsten drei Tage in drei „Schürfreservate“ entlang dem 62.Längengrad, in unmittelbarer Nähe zum Äquator, umziehen. Die brasilianische Regierung hat sich somit den Interessen der „Goldsucherlobby und ihrer Klientel in Übersee gebeugt.

Kurz nach Neujahr hatte die Regierung die Vertreibung der Goldsucher aus dem Yamomammi-Land beschlossen. Die vom Fischfang lebenden Yamomammi sind durch die massive Verseuchung der Flüsse mit Quecksilber, die die Goldsucher zum Goldwaschen benutzen, in ihrer Existenz bedroht. Hinzu kommen unkontrollierte Baumrodung und Plünderung der Felder durch die „Garimpeiros“. Durch Krankheiten, die von Goldsuchern eingeführt wurden, werden die Yamomammi regelrecht hinweggerafft. Die Entscheidung der Regierung, die Goldsucher aus dem Gebiet der Indianer auszuweisen, war nach langem massivem Druck auch aus dem Ausland erfolgt.

Doch Jose Altino Machado, Vorsitzender des Verbandes der Goldsuchergewerkschaften im Amazonas (Usagal), hatte einen „bewaffneten Widerstand“ gegen die Räumaktion öffentlich nicht ausgeschlossen. Über eine Blockade des offiziellen Flughafens der Region Roraima und der unzähligen Urwaldstart - und Landepisten, von denen aus die Goldsucher mit Treibstoff, Lebensmitteln und Chemikalien versorgt werden, hatte sich Machado öffentlich lustig gemacht. Er hatte darauf hingewiesen, daß die Goldsucher zum einen für mehr als dreißig Tage Proviantim Urwald gehortet hatten und um übrigen über Ausweichflughäfen verfügten.

Der „Kompromiß“, den Justizminister Saulo Ramos nun mit der FUNAI, den Goldsuchern und dem regionalen Umweltinstitut ausgehandelt hat, ist für die Yanomammi keine Lösung ihres Problems. Die den „garimpeiros“ zugewiesenen Gebiete grenzen direkt an das Yanomammi-Gebiet an. Es gibt somit keine Gewähr dafür, daß die Goldsucher nicht in deren Land zurückkehren. Darüber hinaus läuft der neue Entschluß einem Entscheid des Bundesgerichts vom Oktober vergangenen Jahres zuwider, in dem die Regierung aufgefordert worden war, die Räumung der Goldsucher aus dem Gebiet zu veranlassen.

Die Organisation und technische Ausstattung der „Garimpeiros“ schließen jeden Gedanken an Goldsucherromantik aus. Das Schürfen des wertvollen Metalls im tropischen Regenwald ist von oben nach unten organisiert. 1988 wurden 34,2 geschürfte Tonnen Gold bei der brasilianischen Bundesregierung gemeldet. Die tatsächliche Jahresproduktion wird zur Zeit jedoch auf 120 Tonnen Gold geschätzt. Bei einem Wert von 1,54 Mrd. US-Dollar entspricht das neun Prozent des Bruttosozialprodukts des Amazonasgebiets.

Das Interesse an der wirtschaftlichen Ausbeutung der Indianergebiete war schon zuvor deutlich geworden. 1985 hatte die Indianerstiftung Funai das Yanomammi-Territorium vermessen und dessen Fläche auf rund neun Hektar festgelegt. In einem im Februar vergangenen Jahres erlassenen Dekret erkannte die Regierung Sarney 19 „nichtkontinuierliche Yanomammi-Gebiete“ an, deren Ausdehnung insgesamt jedoch auf 30 Prozent der ursprünglich angegebenen Fläche geschrumpft war. Das übrige Territorium wurde als „Bundeswaldbestand“ zur wirtschaftlichen Nutzung freigegeben.

Frederico Füllgraf/ -ant