Kohl: Modrow-Einladung steht

Zustimmung der DDR-Opposition zum Wahlgesetz zur Voraussetzung für Zusammenarbeit erhoben / Wieder keine Anerkennung für Polens Westgrenze  ■  Aus Bonn Ferdos Forudastan

Helmut Kohl will sich trotz Vorbehalten des Koalitionspartners FDP wie geplant Anfang Februar mit DDR -Ministerpräsident Modrow treffen. Dies erklärte der Bundeskanzler vor Journalisten gestern in Bonn. Er gab außerdem bekannt, daß noch vor den Wahlen zur DDR -Volkskammer am 6. Mai wahrscheinlich der Vertrag über eine Vertragsgemeinschaft zwischen beiden deutschen Staaten unterzeichnet werde. An den bisherigen Vorstellungen der Ostberliner Regierung für ein neues Wahlgesetz hatte Kohl ebenso Gravierendes auszusetzen wie an dem geplanten Investitionsschutz.

Zu den vielerorts geäußerten Bedenken gegen eine Wiedervereinigung äußerte sich der Bonner Regierungschef auf seiner ersten Pressekonferenz im neuen Jahr kritisch und drohend. Er blieb auch gestern bei seiner Haltung zur polnischen Westgrenze.

Daß er an seinem Treffen mit Modrow festhält, begründete Kohl so: Die Begegnung werde Gelegenheit bieten, gerade auch die jetzt auftretenden Probleme deutlich anzusprechen. Unter anderen hatte der FDP-Vorsitzende Lambsdorff die Einladung Modrows mit dem Argument kritisiert, das Auftreten des DDR -Ministerpräsidenten in Bonn werde Wahlkampfhilfe für die DDR sein. Diese Diskussion sei ihm „völlig unverständlich“, sagte Kohl.

Er stellte in Aussicht, daß ein Vertrag über die vereinbarte Vertragsgemeinschaft noch vor den Wahlen am 6. Mai unterzeichnet, erst danach jedoch ratifiziert wird. Sie müsse allerdings auch die Zustimmung der DDR-Opposition finden, behauptete Kohl gestern.

Völlig unklar blieb allerdings auch gestern, was Inhalt dieser Vertragsgemeinschaft sein wird. Als „unverzichtbar für eine weitere Zusammenarbeit mit der DDR“ bezeichnete Kohl auch, daß die Opposition dort mit dem geplanten neuen Wahlgesetz einverstanden sei und alle Parteien gleiche Chancen im Wahlkampf erhielten. Der von der SED vorgelegte Entwurf für ein neues Wahlgesetz entspreche „nicht annähernd den Anforderungen der Chancengleichheit“.

Die geplanten Investitionsschutzregelungen bezeichnete Kohl als „absolut ungenügend“, außerdem kritisierte er heftig Modrows Plan, in der DDR einen Verfassungsschutz einzurichten.

Bedenken gegen eine Wiedervereinigung beider deutscher Staaten tat Bundeskanzler Kohl hauptsächlich als „künstlich erzeugte Ängste“ und wahltaktische Manöver ab. „Wer klug ist in Europa, muß den Weg (der Wiedervereinigung) gehen“, und „80 Millionen Deutsche in Europa sind eine Realität“, drohte er außerdem.

Auch gestern vermied es Kohl, sich auf die gemeinsame Bundestagsentschließung zu beziehen, in der festgestellt worden war, daß die Deutschen die polnische Westgrenze nicht in Frage stellen.