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London setzt Reformen in Hongkong aus

Die britische Regierung will China nicht verärgern / Bevölkerung soll „vernünftig“ sein  ■  Von Ralf Sotscheck

Die britische Regierung hat sich in der Frage Hongkongs dem chinesischen Druck gebeugt: Außenminister Douglas Hurd gab am Mittwoch abend vor dem Komitee der konservativen Hinterbänkler bekannt, daß der Reformprozeß in der Kronkolonie vorläufig ausgesetzt werde, um die Regierung in Beijing nicht zu verärgern. „Wir wollen keinesfalls unnötigen Streit mit China austragen“, sagte Hurd. Er nimmt bei seiner Entscheidung in Kauf, daß die Moral der Bevölkerung in der britischen Kronkolonie weiter sinken wird.

Seit dem Massaker auf dem Tiananmen Platz im vergangenen Juni fordert Hongkong eine Forcierung der demokratischen Reformen, so daß dieser Prozeß nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, wenn die Kolonie 1997 an China übergeben wird. Hurd sagte dazu: „Wir wünschen den Menschen in China alles Gute. Es ist allein ihre Sache, ihr Regierungssystem zu bestimmen. Wir möchten uns weder einmischen, noch andere zur Einmischung ermutigen.“

Sir Peter Blaker, der Vorsitzende des konservativen Komitees, hofft, daß die Bürger Hongkongs „vernünftig genug sein werden, um zu erkennen, daß Beijing seinen Eindruck nicht bestätigt sehen darf, Hongkong sei ein Zentrum der Subversion.“

Der britische Generalgouverneur der Kolonie, Sir David Wilson, traf am Mittwoch zu Verhandlungen in Beijing ein. Drei Stunden später hob die chinesische Regierung in Peking das Kriegsrecht auf und behauptete, Hongkong habe nun nichts mehr zu befürchten.

Der wichtigste Streitpunkt zwischen Großbritannien und China ist die Frage, wieviele Mitglieder der zukünftigen Legislative der Kolonie direkt gewählt werden sollen. China gesteht maximal 30 Prozent zu, während Hongkong 40 Prozent fordert. Die Ernennung des Vize-Außenministers und Hardliners Zhou Nan als Chef der chinesischen Nachrichtenagentur, Beijings wichtigster Vertretung in Hongkong, deutet auf eine unnachgiebige Haltung hin. Wilson wies jedoch Beschuldigungen eines Ausverkaufs der Kolonie durch die britische Regierung und Kolonialverwaltung als „absoluten Blödsinn“ zurück.

Die Entscheidung der britischen Regierung, den demokratischen Reformprozeß vorerst zu stoppen, stieß bei der Opposition und zahlreichen Tory-Abgeordneten auf scharfe Kritik. Der Außenminister des Labour-Schattenkabinetts, Gerald Kaufman, wies darauf hin, daß die Aufhebung des Kriegsrechts in China „keinen Ausdruck der Reue oder des Bedauerns über das Tiananmen-Platz-Massaker“ enthalten habe.

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