Bonn apart: Neue Zeiten - alte Gesichter

■ In der rumänischen Botschaft ist die "Securitate" noch immer auf ihrem Posten

Beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker für das diplomatische Korps der Bundeshauptstadt fiel für ihn nur ein kühler Blick und ein millisekundenlanger Händedruck ab: Der rumänische Botschafter Marcel Dinu war dem präsidialen Edelmann sichtlich nicht genehm. „Das war sicher nicht zufällig“, sagt das Bundespräsidialamt.

Mag sich auch ein Machtwechsel in Rumänien vollzogen haben, an der Bonner Botschaft ist dieser vorbeigegangen. Am ausgedehnten Neubau, aufwendig mit Marmor und Edelhölzern errichtet, hat man lediglich mit Klebeband die Worte „sozialistische Republik“ überklebt. Massive Absperranlagen mit oben angeschärften Stahlspitzen lassen eher an Knast als an Botschaft denken. Überragt wird das langgezogene Gebäude von einem siebenstöckigen Wohnturm; das Regime legte offensichtlich Wert darauf, daß die Belegschaft immer zusammenblieb.

Der oberste Würdenträger seiner Regierung BRD sei „seit Amtsantritt als konsequenter Verfechter der Politik Ceausescus bekannt“, formuliert ein Sprecher des Auswärtigen Amtes über Herrn Dinu. Nicht nur Dinu, seit November 86 Botschafter, ist noch der alte: nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes, bei dem alle Mitarbeiter der Botschaft registriert werden müssen, ist auch der Personalstab unverändert. Neben den 6 Diplomaten sind das knapp 30 Personen des „technischen Personals“ - eine Zahl, die angesichts des mächtigen Botschaftsbaus eher gering anmutet. Welche Aufgaben das „technische Personal“ wahrnimmt, ist dem Auswärtigen Amt unbekannt, doch gehören mit Sicherheit auch Mitarbeiter der in Rumänien zerschlagenen Securitate dazu.

Daß die Auslandsvertretungen des Ceausescu-Regimes, das sich gegenüber Informationen aus dem Ausland extrem abschottete, in besonderer Weise von der Geheimpolizei überwacht wurden, ist bekannt. Vor Jahren wurden mutmaßliche Securitate-Angehörige einiger Mordanschläge auf Exil-Rumänen in der Bundesrepublik verdächtigt; Ausweisungen folgten. Zu Auseinandersetzungen unter den Botschaftsmitgliedern, wie in der rumänischen Botschaft in Athen, wo der Securitate -Statthalter erschossen wurde, kam es in Bonn offenbar nicht. Auch dem Athener Aufruf - immerhin einen Tag, bevor Ceausescu stürzte - an alle diplomatischen Vertretungen des Landes, sich dem „heiligen und gerechten Kampf des rumänischen Volkes“ anzuschließen, ist man in Bonn nicht gefolgt. „Wir sind hier mit der Autorität der neuen rumänischen Regierung“, wird nun auf entsprechende Fragen geantwortet. Es ginge nicht darum, „ob uns der Botschafter Dinu sympathisch ist, das muß sich die rumänische Regierung überlegen,“ heißt es dazu im Auswärtigen Amt. Das Amt weiß, wovon es spricht. Wenn man nach Sympathie und demokratischem Maß ginge, stünde wohl manche Villa leer, die jetzt die Botschafter diverser Despoten beherbergt. Doch selbst da, wo ein Wille ist, dauert es seine Zeit, bis der Wind der Veränderung in alle Ecken fährt. Auch bei den Tschechen residiert noch der von der kommunistischen Regierung ernannte Botschafter.

Die CSSR will 30 Botschaften neu besetzen, sagt der einst ausgebürgerte Milan Horacek, nun Mitarbeiter der Grünen und mit der neuen CSSR-Führung befreundet: Woher aber die vielen notwendigen und qualifizierten Leute nehmen, die das Neue repräsentierten, fragt er.

Gerd Nowakowski