Erster Freispruch in Trierer Blockadeprozessen

Der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Norbert Mann wurde im Berufungsverfahren freigesprochen, nachdem ihn das Bitburger Amtsgericht vor Jahren zu einer Gefängnisstrafe verurteilt hatte / Der Amtsrichter hatte kurzerhand einen Standardstrafbefehl ausgestellt  ■  Von Thomas Krumenacker

Trier (taz) - Mehr als sechseinhalb Jahre nach den Anti -„Nachrüstungs„-Blockaden der Friedensbewegung im Herbst 1983 endete gestern einer der letzten großen und zugleich bizarrsten Blockade-Prozesse vor dem Trierer Landgericht erstmals mit einem Freispruch. Der Duisburger Richter und ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Norbert Mann war in erster Instanz vom Bitburger Amtsgericht zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, die anschließend gegen Zahlung einer Geldbuße von 12.000 Mark zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Grund: „Kritisch beobachtendes Herumstehen“, wie Mann es nennt.

Im Auftrag seiner Fraktion war Mann nach Bitburg gereist, um sich vor Ort einen Eindruck von der Blockade zu verschaffen, die - anders als die gleichzeitig unter breiter Medienöffentlichkeit stattgefundene Mutlanger „Promi -Blockade“ - mit Wasserwerfern und Hundeeinsatz rabiat beendet wurde. Als dem Richter dann ein Strafbefehl mit der Behauptung, er hätte mitblockiert, ins Haus flatterte, erstatte er Anzeige wegen Freiheitsberaubung gegen die als Zeugen angeführten Polizisten. Peinlich wurde es für die rheinland-pfälzische Justiz, als sich in der ersten Instanz herausstellte, daß die Polizisten niemals eine Teilnahme Manns an der Blockade behauptet hatten: Richter Triemel hatte in seinem Eifer - immerhin hatte er im Fließbandverfahren mehr als 260 BlockiererInnen abgeurteilt

-einen Standardstrafbefehl ausgestellt und die Feinheiten des Falles Mann beiseite gelassen.

Für Mann bedeutete die Enthüllung aber trotz der nun von Triemel angebotenen Einstellung des Verfahrens keinen Freispruch, sondern die zusätzliche Anklage wegen falscher Beschuldigung gegen die Polizisten. Das Verfahren unbedingt weiterführen wollte ein Mann, der ein Jahr später für einen Justizskandal im Land sorgen sollte: Staatsanwalt Horst Leisen, neben Blockade-Prozessen auch durch Vobo-Verfahren berücksichtigt, drängte erfolgreich auf eine Verurteilung des grünen Richters.

Leisen wurde ein Jahr später strafversetzt, weil er sich über den jüdischen Namen einer Richterin mokiert hatte und bei einer Feier unter Juristen seiner Vorliebe für deutsches Liedgut freien Lauf gelassen und das „Horst-Wessel-Lied“ angestimmt hatte. Die auf sein Betreiben eingeleiteten Verfahren liefen allerdings weiter, bis - zumindest im Fall Mann - jetzt die Anklage nach zwei Verhandlungstagen auch Leisens Kollegen, Staatsanwalt Herold, derart dünn erschien, daß er, „um der Verteidigung Arbeit zu sparen“, von sich aus auf Freispruch plädierte.