Flieger, grüß mir die Russen

■ Sowjetische Raumfahrer geben kosmischen Nachhilfeunterricht in Bremen / Glasnost im All

Über 600 Tage Weltraumerfah rung verfügen die beiden sowjetischen Kosmonauten Valerij Rjumin und Oleg Atkov. Als Gäste

der Bremer OHG-System wollen sie ihr geballtes Wissen an die europäischen Weltraumneulinge weitergeben: Eine Studie, die bei der OHG in Arbeit ist, soll Vorschläge machen, wie die europäische Raumfahrtstation „Columbus“ am optimalsten ausgestattet werden kann. Im Tausch gegen Dollars und Mark wird in dieser Studie erstmals auf sowjetrussische Erfahrungen bei einem westlichen Projekt berücksichtigt.

Eins steht fest: Wenn sich die sowjetischen Kosmonauten bei ihren Gesprächen mit der OHG genauso bedeckt gehalten haben, wie auf der gestrigen Landespressekonferenz, dann war der Besuch ein Flopp:

Sechs Monate sei nach seiner subjektiven Einschätzung die optimale Dauer für einen Aufenthalt im All, ließ Atkov die Journali

stInnen wissen. „Danach merkt man dann, wie man müde und mürbe wird.“ Einzelheiten über eine otimale Ausstattung und menschliche Kontakte inerhalb der Crew wollten die Weltraumflieger nicht preisgeben: Das dauere mindestens zwei Tage. Voraussetzungen für einen erfolgreichen Flug wären „gutes und bequemes Arbeiten und menschliche Bedingungen , in denen man es aushalten“ könne. Und: Untereinander müßten sich die Besatzungsmitglieder als „Menschen und Profis“ achten.

Die europäische Weltraumfirma ESA ist mit drei Teilprojekten an der Raumstation „Columbus“ beteiligt: Zum einen soll ein Modul für Schwerelosigkeitsversuche an die Station angeschlossen werden. Zum anderen geht es um die Entwicklung einer eigenen

freifliegenden Station („Freeflyer“) und einer Plattform, auf der Meßgeräte für ökologische Daten installiert werden sollen. Für das europäische „Columbus„-Konsortium ist MBB -ERNO federführend. Zwischen Juli 1990 und Juni 1991 geht es für die Bremer Firmen dann um die Wurst: Dann steht die offizielle Auftragsvergabe an, die innerhalb des europäischen Anteils am Gesamtprojekt „Columbus“ ein Finanzvolumen von 50 Millionen Mark hat.

Ab sofort, so versicherten die sowjetischen Kosmonauten, stünden auch in der Raumfahrt die Zeichen auf Glasnost. Für eine direkte Zusammenarbeit sei es aber noch zu früh: 1997 könnte möglicherweise eine europäisch-sowjetische Besatzung auf eine Raumstation fliegen. ma