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Gysi auf grüne Kosten

■ Staatsknete für Staats-Kritisches / Grünnahes Bildungswerk stellt Programm vor

Unverhoffte Bildung im Werte von ca. 100.000 Mark wird in diesem Jahr interessierten Bremer BürgerInnen zuteil. Mit eben diesem Betrag steigt das „Bildungswerk für Umwelt und Kultur“ ab sofort und verschärft in die Bremer Polit- und Weiterbildungslandschaft ein. Nach mehrjährigem Dümpeldasein rollt die „grünnahe“ Staatsknete jetzt auch in allmählich erwähnenswerten Größenordnungen gen Bremen. Ein Programm -Heftchen liegt vor, ein Vorstand ist gewählt, ein Beirat mit Bremer-Projekt-VertreterInnen vom Netzwerk bis zur AGAB ist konstituiert, ein Geschäftsführer bestellt, ein Büro in der Hamburger Straße gemietet. Bezahlt wird das Ganze aus Bonn, das für grünliche Stiftungen im ganzen Bundesgebiet 1990 rund 8,1 Millionen stiftet. Drei Stiftungen teilen sich schwesterlich die Millionen, deren eine der Zusammenschluß aller den Grünen verbundener Bildunsgwerke ist. Ca. 100.000 Mark des Bonner Geldsegens sollen in diesem Jahr gemäß Regionalproporz auf das Bremer Bildungswerk herniedergehen. Schon in den nächsten Jahren könnte sich der Etat verdreifachen.

Neben langfristig vorbereiteten Seminaren will das Bildungswerk damit vor allem aktuelle politische Debatten in Bremen organsieren. Auf die bei anderen Bremer Weiterbildungseinrichtungen übliche starre Semesterplanung haben die Bildungswerker deshalb bewußt verzichtet: Stattdessen soll im Vier-bis Sechswochen-Turnus ein jeweils brandaktuelles Veranstaltungsprogramm die langzeitorganisierten Studienfahrten und Veranstaltungsreihen ergänzen. Am 11. März soll auf Bildungswerk-Initiative auch in Bremen am „Runden Tisch“ über Deutsch-Deutsches diskutiert werden. Eingeladen - neben Vertretern des Neuen Forums, Bremens Justizsenator Volker Kröning und dem grünen Bundesvorsteher Ralf Fücks - auch: Gregor Gysi.

Zum umfangreichen Programm der Bremer Frauenwoche steuert das Bildungswerk z.B. eine Veranstaltung mit der Ex-DDR-, jetzt BRD-Regisseurin Freya Klier zur Entwicklung in der DDR bei. Im Juni sollen zum gleichen Thema die DDR-geborenen Dichter Gerhard Zwerenz und Erich Loest auf Bildungswerks -Kosten in Bremen Autobiographisches lesen. Aber mit vertauschten Rollen. Zwerenz liest Loest, Loest Zwerenz.

Sechs Wochen nach den Volkskammerwahlen können maximal 20 BremerInnen sich per Bildungswerk auch vor Ort über die Entwicklung in Rostock infomieren. Bei einer viertägigen Studienfahrt stehen zum Pauschalreisepreis von DM 240 politische Gespräche mit Rostocker Oppositionsgruppen auf dem Programm, Besuche in Zeitungsredaktionen und Universität und eine ökologische Stadtrundfahrt.

Wichtigster und nächster Schwerpunkt: Am 8. Februar wollen die Bildunsgswerker für einen guten Zweck unter die Bilderhändler gehen. Für möglichst viel Geld sollen in der Villa Ichon großdimensionierte und graugerahmte Fotos an Mann und Frau gebracht werden. Als Foto-Auktionator fungiert der dann gerade frisch senatsamtentlassene Horst-Werner Franke. Der Erlös der amerikanischen Auktions-Aktion ist für die rumänische Stadt Hermannstadt bestimmt, wo die Bilder des Bremer Fotografen Wolfgang Weiss auch entstanden sind. Weiss war mit dem Bildunsgwerk in Rumänien - nur wenige Monate, bevor Hermannstadt in den Kämpfen gegen die Securitate von Diktator Ceaucscu weitgehend zerstört wurde.

K.S.

Bildungswerk für Umwelt und Kultur, Hamburger Straße 94, Tel.: 446788

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