Die Front als neues Machtinstrument

Rumänische Schwierigkeiten mit der Demokratie  ■ G A S T K O M M E N T A R

Die Front zur Nationalen Rettung, die nach dem Sturz von Ceausescu die Macht in Rumänien übernommen hat, verstand sich ursprünglich als Konkursverwalter und Wegbereiter demokratischer Verhältnisse im Land. Der Rat der Front bestand aus einer Verbindung von Reform- und Nationalkommunisten, Armee und Intellektuellen. Die Front wollte das Land bis zu den freien Wahlen im Frühjahr verwalten und sich dann selbst auflösen.

Vier Wochen nach dem Sturz des Diktators haben Reform- und Nationalkommunisten eindeutig die Oberhand im Rat der Front. Diese hat eigene Organisationen und Komitees bis in die Dörfer hinein und bezeichnenderweise auch in den Betrieben gegründet.

Nun hat der Rat der Front beschlossen, eigene Kandidaten für die Wahlen aufzustellen, und gleichzeitig den Wahltermin für den 20.Mai festgesetzt, ohne die Oppositionsparteien zu konsultieren. Auch dieses Datum kommt für die Opposition, die sich erst mühsam und unter den typischen osteuropäischen Bedingungen herausbildet, zu früh. Zehn Parteien wurden bisher gegründet, für eine Wahlauseinandersetzung mit der Front sind es schon zu viele. Auch ein Aufschub der Wahlen würde da nicht viel nützen. Die Front würde ihre Positionen in Staat, Wirtschaft und Medien nur noch weiter ausbauen. Einzig sinnvoll ist ein Wahlbündnis, zu dem Nationale Bauernpartei, Liberale und Sozialdemokraten bereits aufgerufen haben. Die Wahlthematik wird aber dadurch stark eingeengt und sich auf die Parole: „Weg mit den Kommunisten der Front!“ reduzieren müssen.

Es scheint so, als hätte die Nomenklatura die Kommunistische Partei, die völlig diskreditiert ist, fallenlassen und sich dafür entschieden, die Front als neues Machtinstrument einzusetzen. Eine bemerkenswerte und zugleich bedenkliche Äußerung machte Iliescu, der Präsident der Front, ausgerechnet der sowjetischen Nachrichtenagentur 'Tass‘ gegenüber. Er sprach von einer neuen Form der Demokratie in Rumänien und ließ wissen, daß das Mehrparteiensystem historisch überholt sei.

So gesehen können die Wahlen bloß die Front legitimieren. Die bekannte Klausenburger Professorin Doina Cornea ist mittlerweile aus dem Rat der Front ausgetreten. Vielleicht sollte man mit Wirtschaftshilfe und Krediten für die neuen Machthaber bis nach den Wahlen warten.

Richard Wagner