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Streit um „Arbeiter“ in der SPD

■ Landesparteitag lehnte es ab, 19 Delegierten-Sitze direkt an SPD-Arbeitnehmer-Organisation zu vergeben

„Wir Arbeitnehmer fragen, ob wir da noch richtig in der Partei sind“, schimpfte der Bremerhavener Weserport -Betriebsratsvorsitzende und Vorsitzende der SPD -Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Heinz Wenke, für den Notizblock der Presseleute. Grund der Grundsatzfrage: Die Delegierten des SPD-Landesparteitages im Vegesacker Bürgerhaus hatten es gerade abgelehnt, 19 Delegierte der Arbeitnehmer-Konferenzen der AfA direkt als SPD-Delegierte zuzulassen. Eine solche Satzungsänderung hätte eine Zweidrittel-Mehrheit erfordert, die war im Dezember bei einer Abstimmung nicht zustande gekommen.

Der Bremer SPD-Landesvorstand hat seitdem eigentlich alle Strömungen der Partei eingeschworen und setzte das Thema zum zweiten Mal auf die Tagesordnung. SPD-Vorsitzende Ilse Janz ermahnte die Delegierten, der UB-Ost-Vorsitzende Stolle erinerte daran, daß der „linke“ Unterbezirk Bremen-Ost ohne Debatte fast einstimmig „Ja“ gesagt hatte. Bürgermeister Klaus Wedemeier legte seine Autorität in die Waagschaale und erinnerte an die Wähler-Macht-Frage:

„Da, wo wir früher unsere Wählerbasis hatten, sind wir schlecht verankert.“ Er bot einen Kompromiß ab: 2/3 er 19 AfA-Leute, so könne festgeschrieben werden, sollten nicht aus dem öffentlichen Dienst, sondern aus der privaten Wirtschaaft kommen.

Dieser Vorschlag berührte den heiklen Punkt. Der DGB -Vorsitzende Schmidt habe in der vorhergehenden Debatten erklärt, es gehe um die „Kampforganisationen der Arbeiterklasse“ - dies sei „Tobak von gestern“ und gehöre ins 19. Jahrhundert, gab es einer der Delegierten dem DGB -Chef zurück. Es gehe de facto höchstens um „Kampforganisationen des Öffentlichen Dienstes“, der jetzt schon die übergroße Mehrheit der Delegierten auf SPD -Versammlungen stelle.

Die Delegierte Anne Albers erklärte, durch die festen AfA -Sitze sollten nur „gewisse Genossen bedient“ werden. Diese Bemerkung wiederum empörte Zwischenrufe, „Professorinnen -Gattinnen“ und die Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes sollten sich lieber zurückhalten.

Der Kompromiß-Vorschlag des Bürgermeisters fand keine 2/3 Mehrheit, chaotisierte dafür das Verfahren. Mit 41 Nein -Stim

men scheiterte schließlich die Satzungsänderung noch deutlicher als im Dezember.

AfA-Chef Wenke war stocksauer und erklärte, er habe spontan seinen Posten niederlegen wollen. Er habe sich aber von seinen AfA-Vorstands-Kollegen

überreden lassen, das nicht zu tun. Nun werde er bei der nächsten Wahl der SPD-Delegierten einmal nachzählen, wieviele Arbeiter und wieviele aus dem öffentlichen Dienst von der Bremer SPD mit Sesseln in der Bürgerschaft bedient werden.

K.W.

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