Hürdenlauf durch die Bürokratie

■ Finanzielle und organisatorische Schwierigkeiten im Sportverkehr mit der DDR / Westberliner Sportgruppen bekommen bei Besuch zehn Mark pro Person und Tag

Noch bevor sich die Funktionäre aus Ost- und West-Berlin über die veränderte Lage im Berliner Sport nach dem Mauerfall verständigen konnten, hatte die Basis den innerstädtischen Reigen eröffnet. Bereits am 6. Dezember empfingen die Tischtennisspieler des TTLZ Düppel die Mannschaft von Energie Turbine Köpenick zu einem Freundschaftsspiel. Auch heute noch scheint der Deutsche Sportbund (DSB) dem gesamten Fußvolk hinterherzulaufen.

„Nicht alle Westberliner Vereine, die nach Ost-Berlin oder in die DDR fahren, melden sich bei uns“, räumt Dietrich Dolgner allerdings ein. Der Direktionsassistent des Landessportbundes Berlin (LSB) schätzt, daß etwa 30 Westberliner Klubs bislang zum sportlichen Vergleich in die DDR und rund 50 nach Ost-Berlin gereist sind, „davon die Hälfte oder sogar mehr ohne Zuschüsse“ des LSB.

Diese „große Dunkelziffer“ sei vor allem darauf zurückzuführen, daß der DSB seine Förderungsmodalitäten der entspannten Lage noch nicht angepaßt hat. Bislang vergab der DSB die Mittel aus dem Etat des Bundesministeriums für Innerdeutsche Beziehungen - zentral an die wenigen Vereine, die am mageren deutsch-deutschen Sportkalender teilnehmen durften. West-Berlin blieb dabei - aus politischen Gründen in der Regel ausgespart.

Nun aber ist die vormalige Mauerstadt vom grenzüberschreitenden deutsch-deutschen Sportfieber erfaßt worden, obgleich, so Dolgner, noch immer mehr DDR-Vereine nach West-Berlin kommen als umgekehrt.

Dies liegt auch an der bis dato umständlichen Vergabe von Reisekostenzuschüssen durch den LSB. Dolgner: „Normalerweise beträgt die Bearbeitungszeit eines Antrags rund vier Wochen. Nach dem 9. November haben wir aber unbürokratisch gehandelt und schon innerhalb weniger Tage zugestimmt.“ Am 28. Februar soll denn auch eine neue, adäquate Reiseregelung in Kraft treten. „Das ganze Prozedere kann man erleichtern, indem der DSB die Verteilung der Mittel dezentralisiert und über die einzelnen Landessportverbände abwickelt. Dies käme vor allem den Verbänden in Grenznähe zugute.“

Momentan erhalten Westberliner Touristen in Sachen Leibesertüchtigung pro Person und Reisetag ein Entgelt von zehn DM; die Unterbringung obliegt dem Gastgeber. Daß diese Regelung den Sportverkehr nicht gerade fördert, leuchtet mittlerweile auch dem DSB ein. „Das Fördervolumen“, weiß Dolgner, „wird um ein Vielfaches erhöht werden.“

Eine Nachricht, die auch den Westberliner Senat sehr freuen wird. Wegen der gestiegenen Nachfrage nach Zuschüssen für Ost-Expeditionen mußte er kleinlaut eingestehen, daß aus dem West-Sportförderprogramm „Sportverkehr der Verbände und Vereine (Erwachsene und Jugendliche)“ der Senatsverwaltung Jugend und Sport keine Mittel abgezweigt würden.

Jürgen Schulz