Prunkbau-Skandal zieht Kreise

■ Heftige Auseinandersetzungen um Kongreßzentrum / Maritim zog Standard hoch

Hat Bürgermeister Klaus Wedemeier in der Senatspressekonferenz am 23. Januar in Sachen Kongreßzentrum die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Gründe für die Verteuerung des Kongreßzentrums getäuscht? Beratungsunterlagen, die gestern bei einer gemeinsamen Sitzung von Bau- und Wirtschaftsdeputation verhandelt wurden, legen diesen Eindruck nahe. Auf der Pressekonferenz vor gut einer Woche hatte Wedemeier behauptet, die Kostensteigerung von 50 auf fast 100 Millionen gingen nicht auf erhöhte Anforderungen des künftigen Betreibers Maritim zurück. Da liest sich eine Erklärung des Leiters des Hochbauamtes, Gottfried Zantke, doch ganz anders. Dessen Ausführungen in der Deputation für Bau vom 18.1.1990 wurden, dies ist völlig unüblich, dem Protokoll im Originalton angehängt. O-Ton Zantke zu den Gründen der Verteuerung: „Die Programmmehrforderungen Maritim für sich betrachtet, also nur die Saalgrößen bei gleichen Standard von damals, hätten etwa 9 bis 10 Millionen Mark ausgemacht.“ Klartext:

Obwohl der Kostenrahmen durch politische Beschlüsse festgelegt war, haben Wirtschafts- und Bausenator ohne Rücksprache mit politische Gremien dem Verlangen Maritims Rechnung getragen.

In einer Vorlage, die der Wirtschaftssenator für die Senatssitzung vorgelegt hatte, wird dargelegt, was eine Arbeitsgrupe bestehend aus Bau- und Wirtschaftsressort, Stadthalle und Maritim so alles veränderten. Die Saalaufteilung wurde völlig neu geplant, höherwertiger Fußboden und manch schickes Detail mehr beschlossen. Motto: Die Vergrößerung des Küchenbereichs, die Maritim am Herzen lag, ist Planern und Politikern alleine 2,7 Millionen Mark wert. Motto: Bestellt wird jetzt, bezahlt später.

Wie bezahlt werden soll, wird in einem Antrag des Wirtschaftssentors deutlich: Durch eine riesige Finanz-Hin und Herschieberei. Für die 47 Millionen Mark werden etliche bislang vorgesehne Maßnahmen storniert. So werden beispielsweise Infrastrukturmaßnahmen überall in der Stadt verschoben, fünf Millionen wird bei der Instandset

zung von Gewerbebrachen gespart, und auch Maßnahmen in Bremerhaven werden warten müssen. Dies ist notwendig, weil der Stadthaushalt des Wirtschaftssenators, aus dem das Kongreßzentrum finanziert werden müßte, die erforderlichen Millionen nicht hergibt.

Bei Redaktionsschluß, nach vierstündiger Sitzung der Deputationen, waren noch keine Beschlüsse gefaßt. Stundenlangen wurde heftig um die politische Verantwortung gestritten. Bausenator Kunick: „Das war die Verantwortung des Resorts.“ Dem stand zu der Zeit Evi Lemke-Schulte vor. Zugegeben wurde, daß Maritm nachträglich sein Konzept für das Kongreßzentrum geändert hat. Kunick hielt es deshalb für möglich, aus dem Vertrag auszusteigen, riet aber davon ab. Offen blieb, ob an politischen Gremien vorbei schriftliche Abmachungen mit Maritim geschlossen wurden. Während der Sitzung deutete der CDU-Abgeordnete Metz an, daß ein Untersuchungsaussschuß denkbar sei, wenn nicht alle Fragen geklärt werden.

hbk