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Kreml-Gold: Agentur zahlte 40.000 Mark an Museumsdirektor

■ Behörde verlangt Aufklärung über „dienstliche“ Privatgeschäfte / Museumsdirektor Ganslmayr: „persönliches Darlehen“

Wie kommen 40.000 Mark von einer argentinischen Agentur auf das Privatkonto des Direktors des Bremer Überseemuseums? Wie kommt eine Münchener Firma dazu, demselben Beamten eine Reise nach Buenos Aires zu finanzieren? Kosten: 7.500 Mark. Möglichst umgehende Aufklärung über diese Rätsel und weitere Ungereimtheiten erwarten die Mitglieder der Rechnungsprüfungskommission der Bürgerschaft jetzt vom Chef des Bremer Überseemuseums, Dr. Herbert Ganslmayr.

Doppelt dringlich dürften die Fragen der Finanzkontrolleure ausfallen, weil sowohl die argentinische Firma „COPASA“ als auch die Münchener „EZO-Agentur“ bei der Ausrichtung der fünf Millionen schweren Kreml-Gold-Ausstellung beteiligt waren. Zumindest der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, daß die beiden Agenturen - die COPASA hatte einen Vorläufer der Zarengoldausstellung in Buenos Aires organisiert - dem Verkauf ihrer Ausstellung nach Bremen mit einer fünfstelligen Summe nachgeholfen haben, um anschließend eine sechsstellige Provisionssumme zu kassieren.

Die Münchener „EZO“ war bei den Vertragsverhandlungen als Bevollmächtigte der Copasa aufgetreten. Mit ihren 7.500 Mark fuhr Ganselmayr seinerzeit nach Buenos Aires, um sich die dort von der COPASA organisierte Kreml-Ausstellung persönlich anzusehen. Auf dem nötigen Dienstreise-Antrag hatte Ganslmayr ausdrücklich vermerkt: „Reisekosten entstehen nicht.“ Wer Flugticket und Hotelzimmer bezahlte, interessierte - gemäß jahrelang üblicher Behördenpraxis danach niemanden mehr. Erst nach Ganselmayrs Rückkehr

trat ein Erlaß in Kraft, nach dem bei „kostenlosen“ Dienstreisen Auskunft über etwaige Finanz-Spritzen von Privatfirmen gegeben werden muß. Inzwischen hat die EZO in der Bremer Kulturbehörde mehrfach - bislang allerdings erfolglos - die Rückzahlung der 7.500 „vorgestreckten“ Mark angemahnt, was zumindest den Verdacht zerstreuen dürfte, es könnte sich um Schmiergelder gehandelt haben.

Auch die 40.000 Mark der COPASA will Ganslmayr lediglich als „persönliches Darlehen“ erhalten und zur „privaten Subventionierung“ des Überseemuseums verwendet haben. „Ich habe praktisch aus meiner Tasche

Aufwendungen des Museums bezahlt, die sonst nicht zu finanzieren gewesen wären.“ Tatsächlich sieht der offizielle Museumsetat z.B. gerade 3.000 Mark für Reisekosten vor, ganze 4.000 Mark stehen für Sonderausstellungen zur Verfügung. Es sei deshalb, so Ganslmayr, an der Tagesordnung gewesen, daß er Dienstreisen, Anschaffungen und sogar Mitarbeiter privat bezahlt habe. Das COPASA-Darlehen werde er privat zurückzahlen.

Weitere 25.000 Mark „Spesen“ hat Ganslmayr allerdings für die Vorbereitung der Kreml-Ausstellung ganz offiziell beantragt und auch zugesagt bekommen. Wofür darüberhinaus die 40.000

Mark der COPASA ausgegeben worden sind - darüber gibt es in der Behörde keinerlei Belege.

Schon seit über einem Jahr laufen in der Wissenschafts -Behörde disziplinarische Vorermittlungen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten gegen den Museumschef: Nachdem Belege für Ganslmayrs dienstliche Geschäfte immer wieder vergeblich angemahnt worden waren oder nur unvollständig vorgelegt werden konnten, war dem Überseemuseum außerdem die Hohheit über die eigenen Finanzen entzogen und Frankes Abteilungsleiter Egon Ditt als „Staatskommissar“ eingesetzt worden. Bei dessen Recherchen tauchten jetzt auch

die rätselhaften Schecks der COPASA an „Ganslmayr persönlich“ auf. Eine abschließende Bewertung der Vorgänge sei bislang nicht möglich, erklärte Senator Franke inzwischen, insbesondere weil der Chef des Überseemuseums selbst zu den Ermittlungsergebnissen noch nicht habe Stellung nehmen können: Im Juni erlitt Ganslmayr einen schweren Herzinfarkt. Inzwischen liegt auch ein amtsärztliches Attest vor, das Ganslmayr dringend die vorzeitige Pensionierung nahelegt. Gegenüber der taz erklärte Ganslmayr, er werde deshalb auch nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren.

Klaus Schloesser

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