Saar-Grüne: Wiedervereinigung „mitgestalten“

■ Erster Landesverband hat sich mit der „Realität“ abgefunden / Massive Kritik am „starren Festhalten an der Zweistaatlichkeit“ der Bundespartei / Grüne Wahlschlappe im Saarland ist verfehlter Deutschlandpolitik geschuldet / „Vernünftige“ SPD für Koalition gesucht

Saarbrücken (taz) - Jetzt hat's auch die Grünen erwischt. Als erster Landesverband haben die saarländischen Grünen dafür plädiert, „sich mit der Realität einer sich abzeichnenden Wiedervereinigung“ abzufinden. Nachdem bereits beim Landesparteitag am Wochenende massive Kritik an der Bundespartei und ihrem „starren Festhalten an der Zweistaatlichkeit“ deutlich geworden war, erklärte Parteisprecher Uwe Grieger am Montag gegenüber der taz, nun gelte es für die Grünen, die Richtung einer Wiedervereinigung „durch Einmischung aktiv mitzugestalten“.

Eine Wiedervereinigungsdiskussion ist nach Ansicht der Saarländer bei den Grünen „schon lange fällig“. Die Partei müsse sich endlich auf ihre eigentliche Qualität als „Partei des Diskurses“ besinnen und dürfe die Diskussion um eine Wiedervereinigung nicht den anderen überlassen.

Auf einem Sonderparteitag wollen die Grünen aus dem Saarland in sechs Wochen - nach den DDR-Wahlen und vor dem nächsten Grünen-Bundesparteitag - über die weiteren Perspektiven in Sachen Deutschlandpolitik diskutieren, kündigte Grieger an. Dabei ist aus Sicht der Saarländer bereits jetzt klar, daß „in einem historischen Moment, wo alle Sozialismusmodelle den Bach runtergehen“, eine bundesdeutsche Linke den BürgerInnen in der DDR nicht einen „dritten Weg verordnen darf, den sie in der Bundesrepublik nicht gefunden hat“.

Ihm sei lieber, „daß die DDR-BürerInnen mit ihren Trabbis die West-Warenhäuser“ plünderten, als „bei der Nationalen Volksarmee zu marschieren“, meinte Grieger, der neben den Landesvorstandsmitgliedern Jürgen Nieser und Michael Burkert Hauptinitiator der Deutschlanddebatte beim Landesparteitag war.

Auch die deutliche Niederlage seiner Partei bei den Landtagswahlen in der vergangenen Woche - die Grünen kamen auf magere 2,7 Prozent - führt Grieger auf das „fatale“ Festhalten der Bundes-Grünen an der Zweistaatlichkeit zurück. Das Ergebnis von der Saar sei eine „deutliche Warnung“ an die Bonner Partei sich endlich in die Deutschlanddebatte einzuschalten, meint Grieger. Auf Bundesebene könne mit einer Koalition aus Grünen und „vernünftiger“ SPD ein Regierungswechsel gelingen, wenn die Deutschlandpolitik der Sozialdemokraten weg vom derzeitigen Nationalismus eines Willy Brandts komme.

Die Aussichten, mit ihrem Vorstoß innerhalb der Bundespartei landen zu können, bewerten die Saar-Grünen skeptisch: „Wir bilden uns nicht ein, mit 2,7 Prozent die Bundespartei usurpieren zu können“, so der Grünen-Sprecher.

Thomas Krumenacker