Das Geheimnis ihres Erfolgs

■ Die Wiener Universal-und Filmkünstlerin Mara Matuschka zu Gast im Institut Francais

Schrilles ging am Sonntagabend im Institut Francais vor. Im Rahmen der Literarischen Woche, „Weibliche Ästhetik“, hatte sich das Kommunalkino Bremen e. V. jemanden ganz besonderen geladen. Mara Matuschka, gebürtige Bulgarin und Wahlwienerin, Universalkünstlerin und Original, der Wiener Charme war zu Gast.

„Guten Abend meine Küken“ meldete sich die Diva im Regenmantel zu Wort. „Ich bin gekommen, um euch zu erfreuen, ihr könnt euch aber auch schrecken lassen“.

Und das ging so: „Loading Ludwig“ wurde vorgeschickt, Östereich 1988, sechzig Minuten Film von Mara Matuschka. Und der hatte es in sich. Ludwig ist so eine Art Zwitter aus Flaschengeist und Fernsehwand. Ein Anschlag auf der Schreibmaschine

genügt, und er erscheint und läßt sogar eine andere Programmwahl zu. Ludwig begleitet unsere Heldin durch den Tag oder die Nacht oder was auch immer. Ludwig hat eine Besonderheit: er ist äußerlich mit unserer Heldin identisch. Er vertritt das attraktionspralle andere Leben. Nur als Geist Ludwig sabbert die von M.M. gespielte Heldin den Badezimmerspiegel mit Kaugummi voll, onaniert, macht Harakiri und doziert als Dr. Schmerz über das „Zentralorgan“. Ist M.M. ausgehfertig, mit Strumpfband und Perücke, ist unser Geist auch ausgehfertig... oder ist die reale Mara zum Geist geworden?

Sollte sie es tatsächlich geworden sein, so hat sie die Pause sinnvoll genutzt, sich zurück zu transzendieren, denn als sich die Türen erneut öffnen, tritt M.M. im lan

gen glitzernden Abendkleid auf die Bühne. „Guten Abend meine Küken!“

Ganz große-Dame-aus-dem-Show-Biz, mondän und elegant, erzählt sie uns gesungene Geschichten. Mit lieblicher Stimme und lächelndem Antlitz singt sie schauderhaft Bluttriefendes, von kleinen Mörderinnen und großen Huren, von Leni Riefenstahl und Mata Hari. Auch ein Gedicht von Marilyn Monroe, „Ist Vereinigung schlecht“, bleibt nicht vorenthalten. Und Bremen liegt ihr zu Füßen.

Versuchen wir hinter das Geheimnis dieses Erfolges zu kommen. Zunächst einmal das Alter, das eine Dame gerne verschweigt... verschweigen wir es. Als Tochter eines Geigers und einer Ballettänzerin liegt da natürlich schon einiges in der Wiege.

Sie studierte Malerei, Völkerkunde und Sprachwissenschaft, und schreibt Theaterstücke, macht Musik und last not least Filme.

Avantgarde? ...das Wort mag sie nicht, das sei ihr zu militaristisch. Kunst sei ein Ghetto, sagt sie, dem sie zu entfliehen sucht, indem sie mehr unbewußt als bewußt so viele verschiedene Dinge mit gleicher Intensität betreibt. Ihre wahre Leidenschaft? - „Exhibitionismus, alles grenzt irgendwie an Perversion“. Ob die Frauen ihrer Lieder ihre Vorbilder seien? „Nein, manche von ihnen sind nur so extrem gewesen, daß sie eine Faszination ausüben“. Mara Mattuschka übt aus dem selben Grund eine Faszination aus. Davon könnten alle Anwesenden ein Lied singen.

Kerstin Dreyer