Unangenehme Nachbarn

■ Der 'Paritätische‘ zur Roonstraße 65

Wen schaudert es schon gern, wenn er an seine Nachbarn denkt? Friedliche Harmonie, Idylle, unbeeinflußt von den Widrigkeiten sozialer Entwicklungen - wer möchte das nicht viel lieber haben als diesen unangenehmen Schauder, der schon prophylaktisch über manche Rücken läuft, wenn sie oder er sich ihre oder seine Nachbarn vorstellt. Aber: Nachbarn kann man sich nicht aussuchen.

Wehe denen, die in der Hackordnung nachbarschaftlicher Akzeptanz ganz unten stehen. Sie sind es, die den Grad mutmaßlicher Belästigung auf der nach oben offenen Skala immer höher treiben - das wird auch in Bremen offensiv durchlebt. Es ist inzwischen Teil unserer Arbeit.

Ein prägnantes Beispiel dieser Begegnungen der unheimlichen Art erfährt unser Mitglied „Kommunale Drogenpolitik Verein für akzeptierende Drogenpolitik“ mit seinem Wohnhaus für drogenabhängige Menschen in der Roonstraße.

Unverzüglich nach Bekanntwerden des Projektes: Gegen -Initiative, agitatorische Flugblätter, Einwohnerversammlungen, Beiratssitzung. Neu für mich ist der aufkeimende Haß, mit dem das Projekt von einigen Bewohnern der Straße seither bedacht wird.

Die verstörende Ablehnung drogenabhängiger Menschen läßt jeden Informationsversuch - der Verein hat sich sehr bemüht

-ins Leere laufen. Wertes und unwertes Leben wird - nach einer Zeit der Scham und der Verdrängung - wieder öffentlich sortiert.

Die Diskussion darüber muß man jetzt öffentlich führen. Der 'Paritätische‘ wird dazu beitragen: Drogenabhängige, Strafentlassene, Asylsuchende und andere benachteiligte Menschen können sich ihre Nachbarn nicht aussuchen.

Schaudernd: Albrecht Lampe, Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Breme