Keine Angst vor den Krauts

■ Bush empfindet ein vereinigtes Deutschland nicht als Bedrohung / Nato-Oberbefehlshaber Galvin zieht nach

Berlin (taz) - Als „ermutigend“ hat US-Präsident Bush es bezeichnet, wenn er „Herrn Genscher und Kanzler Kohl über ein Deutschland reden höre, das der Nato in irgendeiner Art verbunden bleibt“. Seiner Auffassung nach könne die Wiedervereinigung in einer Weise geregelt werden, die keine Bedrohung für andere Staaten bedeute.

Bush hat damit vor Beginn der Nato-Konferenz in der kommenden Woche und vor Kohls Abstecher nach Moskau noch einmal signalisiert, daß die USA grundsätzlich bereit sind, Kohl zu unterstützen und notfalls auch über eine veränderte Nato nachzudenken.

Dies hat für Bush bereits sein Nato-Oberkommandierender John Galvin getan: Er schlägt vor, zukünftig möglichst multinationale Verbände zu gründen, die im rückwärtigen Gebiet stationiert werden könnten. Da im Moment niemand wisse, wie eine zukünftige Grenzregelung in Deutschland und in Europa insgesamt aussehen wird, könnten die Streitkräfte nicht mehr linear an der Grenze aufgereiht werden. Mehr an Veränderungen kann sich Galvin allerdings nicht vorstellen: Die „flexible response“ und die Strategie der Vorneverteidigung müßten beibehalten werden, da sich beide Elemente als sehr anpassungsfähig erwiesen hätten.

Mächtig zu schwimmen scheint dagegen Nato-Generalsekretär Wörner, der dringend nach einem Nato-Konzept für ein vereinigtes Deutschland verlangt. Als möglich erscheint ihm ein besonderer militärischer Status für das Gebiet der DDR. Es sei auch möglich, die heutige DDR aus der militärischen Integration der Nato herauszunehmen. Da Wörner bei seinen Denkspielen in der geistigen Nähe Außenminister Genschers wohl doch nicht ganz wohl ist, wird er vor Beginn der Nato -Konferenz am Wochenende mit Bush in Camp David frühstücken, um die künftige Rolle der Nato zu erörtern.

JG