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Supermächte wollen C-Waffen reduzieren

Weltweites Verbot der chemischen Waffen in weitere Ferne gerückt / Neue Abrüstungsvereinbarungen noch in diesem Jahr möglich / USA halten sich Hintertürchen offen  ■  Aus Genf Andreas Zumach

Die am Wochenende in Moskau zwischen den Außenministern der USA und der UdSSR, Baker und Schewardnadse, erzielte bilaterale C-Waffenvereinbarung bedeutet - trotz der positiven Verlautbarungen in Washington und Moskau über die Gespräche - einen Schritt zurück auf dem Weg zu einem weltweiten C-Waffenverbot. Bei den in Genf im Rahmen der UNO stattfindenden Gesprächen war man schon weiter. Die Vereinbarung, die während des Gipfeltreffens zwischen den Präsidenten Bush und Gorbatschow im Juni in Washington unterzeichnet werden soll, sieht zunächst die Vernichtung von 80 Prozent der C-Waffenarsenale der beiden Großmächte vor. Weitere 18 Prozent sollen im Zeitraum von zehn Jahren nach Inkrafttreten eines Genfer C-Waffenvertrages zerstört werden, die restlichen zwei Prozent erst dann, wenn alle „C -Waffenfähigen“ Staaten der Konvention beigetreten sind. Washington hat damit die Zustimmung Moskaus erhalten, sich die Option auf Beibehaltung von 600-800 Tonnen chemischer Kampfstoffe auf unbestimmte Zeit offenzuhalten. Denn die Definition von „C-Waffenfähig“ ist schon heute eine politische Ermessensentscheidung, und es dürfte in zehn Jahren auf Grund neuer technologischer Möglichkeiten noch komplizierter werden, dafür gemeinsame verbindliche Kriterien festzulegen.

Als „Zugeständnis“ der Bush-Administration gilt die Aufgabe ihrer im Oktober 89 bekanntgewordenen Absicht, nach Inkrafttreten einer C-Waffenvereinbarung weiterhin moderne binäre Waffen zu produzieren, eine Möglichkeit, die die in Genf bereits vereinbarten Vertragstexte ohnehin ausschließen.

Trotzdem ist es möglich, daß vor allem „Dritt-Welt„-Staaten aus Protest gegen die bilaterale Vereinbarung ihre weitere Teilnahme an den C-Waffenverhandlungen in Genf einstellen. Mit Blick auf einen START-Vertrag gab die UdSSR die Absicht auf, die Unterzeichnung von einer vorherigen Einigung zwischen Washington und Moskau darüber abhängig zu machen, welche militärischen Weltraumaktivitäten unter dem Raketenabwehrvertrag von 1972 künftig erlaubt sein sollen. Baker und Schewardnadse kamen sich außerdem näher hinsichtlich der Zählweise für Langstreckenbomber und luftgestützte Raketen. Hinsichtlich der Wiener VKSE -Verhandlungen begrüßte Moskau den NATO-Vorschlag für eine Begrenzung der Truppen von USA und UdSSR in Mitteleuropa auf jeweils 195.000, sprach sich jedoch gegen die Beibehaltung weiterer 30.000 GIs in Griechenland, Italien, Großbritannien und der Türkei aus. Die USA hätten außerdem einer sehr niedrigen Obergrenze von 500 für Kampfflugzeuge zugestimmt. (siehe auch Seite 9).

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