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Proteste in Gorleben reißen nicht ab

■ Vierhundert TeilnehmerInnen beim Waldspaziergang am Baugelände / Demo vor dem Lüneburger Oberverwaltungsgericht geplant

Gorleben (taz) - Vier Tage nach der Räumung des Hüttendorfes auf dem Gelände der geplanten Pilotkonditionierungsanlage (PKA) in Gorleben ist es am Samstag zu neuen Protestaktionen am Bauplatz gekommen. Etwa vierhundert AtomgegnerInnen aus der Region umrundeten bei ihrem „Waldspaziergang“ das 3,5 Hektar große PKA-Gelände, das inzwischen abgeholzt und mit dem üblichen Stahlzaun gesichert ist. Den fast ebenso zahlreich erschienenen Polizisten blieb nichts anderes zu tun, als artig Spalier zu stehen. Lediglich eine bereitstehende Truppe des Mobilen Einsatzkommandos durfte kurz die Muskeln spielen lassen: Als einige „Waldspaziergänger“ zum Abschied freundlich am Tor rüttelten, sperrte sie ohne Not die Straße ab.

In der Bürgerinitiative wurde die Taktik bei der Räumung am vergangenen Dienstag inzwischen kontrovers diskutiert. Entgegen eines ursprünglichen Konsenses hatte es kurz vor Ablauf des polizeilichen Ultimatums unter den etwa vierhundert PlatzbesetzerInnen einen plötzlichen Stimmungsumschwung zugunsten eines freiwilligen Abzugs gegeben, um die etwa zweitausend Polizisten ins Leere laufen zu lassen. Statt dessen hatten sich etwa zwanzig SeniorInnen der BI (Originalton Staatsanwalt: „Grauhaarige Chaoten“) den Uniformierten in den Weg gesetzt. Eine List, die nach Meinung von BI-Sprecher Wolfgang Ehmke von den Medien nicht richtig übermittelt und deshalb in der Anti-AKW-Bewegung als „falsches Signal“ angekommen sei. Eine Mobilisierung für nachfolgende Aktionen sei durch diesen Beschluß erschwert worden.

Für Hannes Kempmann, BI-Mitglied und grüner Landtagsabgeordneter, hat der Frust nach der Räumung dagegen nichts mit einer mißlungenen Taktik zu tun: Jede Platzbesetzung ende mit einer Räumung, und jede Räumung sei eine Niederlage - egal ob man weggeprügelt werde oder freiwillig gehe.

Lüneburger Anti-Atom-Gruppen haben gemeinsam mit der BI Lüchow-Dannenberg für den kommenden Freitag zu einer weiteren Demonstration vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg aufgerufen (Beginn: 16.30 Uhr am Marktplatz). Sie fordern von den OVG-Richtern eine Zwischenverfügung, die den Betreibern den Weiterbau untersagt, bis das Gericht über einen Eilantrag gegen die 1. Teilerrichtungsgenehmigung (TEG) entschieden hat. Bisher hat das OVG die Waldrodung und die Errichtung des Bauzaunes nicht als Baubeginn angesehen.

Gabi Haas

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