Petra Kelly will die dritte Wahlperiode

■ Kandidatur im rotationsfreien Hessen / Die kritisierten Realos sind diesmal nützlich

Petra Kelly, für die Grünen bereits acht Jahre im Bundestag, hat Interesse an einer weiteren Wahlperiode angemeldet. Sie erwägt eine Kandidatur im hessischen Fulda/Vogelsberg-Kreis, weil ihr bayerischer Landesverband der Grünen sich im November 1989 für eine Begrenzung auf acht Jahre aussprach. Die Grünen in Fulda wollen am kommenden Wochenende die WahlkreiskandidatInnen für die Bundestagswahl aufstellen. Der hessische Landesverband, fest in Händen der Realos, hat jede Rotationsregelung abgeschafft.

In einem Schreiben an den Kreisverband kündigt die zweiundvierzigjährige Petra Kelly an, im Falle einer Kandidatur wolle sie sich besonders für eine „konsequente Entmilitarisierungspolitik“ und „radikale ökologische Lösungen“ engagieren. Sie kritisiert zugleich, daß die Grünen dabei seien, ihr ökologisches Profil einzubüßen; dies sei auch eine Folge von „unfruchtbaren Flügelkämpfen“ in der Partei. Die Mitbegründerin der Grünen und ehemalige Parteivorständlerin hatte sich in den vergangen Monaten mehrfach kritisch über die „Sozialdemokratisierung“ der Grünen geäußert, die mit „atemberaubendem Tempo“ voranschreite. Ihre Kritik zielte besonders auf die Realos, die ihren Frieden mit der Nato und dem Rüstungshaushalt gemacht hätten. Die Partei müsse „Avantgarde einer ökologischen und pazifistischen Transformation“ bleiben, meint die ehemalige EG-Verwaltungsrätin. Negativ geäußert hat sich Petra Kelly allerdings auch über die Rotationsheuchelei in der Partei. Man halte an Begriffen fest, während sich die Rotationsregelung längst ad absurdum geführt habe durch die Herausbildung einer „Querrotation“ grüner FunktionärInnen vom Mandat in Parteifunktionen und zurück. Damit werde eine „Funktionärsbürokratie etabliert, die total immobil ist“, sagte Frau Kelly. In der Bundestagsfraktion hält sich die arbeitssüchtige Petra Kelly seit längerem aus allen Auseinandersetzungen heraus und ist kaum wahrnehmbar. Auch in der Partei hat Frau Kelly, die sich keiner Strömung zurechnet, an Einfluß verloren. Sie engagiert sich seit Jahren stark im Ausland, wo sie immer noch als bekannteste deutsche Grüne gilt. Neben der Unterstützung der australischen Grünen setzt sie sich seit langem gemeinsam mit ihrem Freund, dem ehemaligen grünen Bundestagsabgeordneten und Ex-General Gert Bastian für den Dalai Lama und die Menschenrechte in Tibet ein. Mehrfacher Zielpunkt von Kritik in der Bundestagsfraktion waren ihre extrem hohen Portokosten sowie unerfüllbar hohe Arbeitsanforderungen an ihre MitarbeiterInnen. Frau Kelly arbeitet regelmäßig die Nächte durch - und dieser Streß hat in den letzten acht Jahren zum „Verschleiß“ von zwanzig MitarbeiterInnen geführt.

Gerd Nowakowski